Kreise: EU-Kommission tritt beim Klimaschutz auf die Bremse

10.01.2014 18:08

Die EU-Kommission grübelt, wie es weitergeht mit Europas Klimaschutz.
Mehr Tempo, rufen Umweltschützer. Doch die Behörde verzichtet wohl
auf ehrgeizige Vorschläge. Auch Berlin dürfte enttäuscht sein, denn
die Bundesregierung hatte zuletzt auf mehr Klimaschutz gepocht.

Brüssel (dpa Insight) - Die EU-Kommission ist kurz davor, in der
Klimapolitik auf die Bremse zu treten. Nach einem Treffen
von EU-Kommissaren am Freitag in Brüssel gilt es als nahezu sicher,
dass es für das Jahr 2030 keine Pflicht zum Ausbau von Windrädern und
Solaranlagen geben soll. Das erfuhr der Informationsdienst dpa
Insight EU aus Kommissionskreisen. Eine Ausbaupflicht für Ökoenergien
gibt es derzeit bis zum Jahr 2020. Am 22. Januar will die Kommission
ihre Pläne für die Zeit danach vorstellen.

Entschieden ist zwar noch nichts, allerdings stehen
Klimakommissarin Connie Hedegaard und Umweltkommissar Janez Potocnik
in ihrem Werben für eine neue Pflicht zum Ökoenergie-Ausbau allein
auf weiter Flur. Auch der deutsche Energiekommissar Günther Oettinger
unterstützt sie dem Vernehmen nach nicht.

Damit dürfte die Forderung der Bundesregierung nach einem
verbindlichen Ökoenergie-Ausbauziel für 2030 von der Kommission nicht
erfüllt werden. Erst kürzlich hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar
Gabriel (SPD) in einem Brief an die EU-Behörde appelliert, ein neues
Erneuerbaren-Ziel festzulegen. In dem Schreiben verzichtete Gabriel
allerdings auf das Wort verbindlich. Daraufhin stellte eine deutsche
Diplomatin noch kurz vor dem Kommissarstreffen in einer E-Mail an die
Kommission klar, dass es Deutschland sehr wohl um ein Pflichtziel
gehe. Die Mail vom Donnerstagabend liegt dpa Insight EU vor.

In der EU-Behörde favorisiert wird aber nur ein unverbindliches
Ziel für Wind- und Solarkraft. Bislang war als Zielwert ein Wert von
30 Prozent vom gesamten Energiemix im Gespräch, nun kamen Werte von
nur 24 oder 27 Prozent zur Sprache.

Da die EU-Kommission zunächst auch auf ein neues Ziel zur
Energieeffizienz verzichten will, läuft es derzeit auf eine einzige
Klimaschutz-Pflicht im kommenden Jahrzehnt hinaus: Der CO2-Ausstoß
soll verbindlich reduziert werden - für 2020 liegt der Wert bei 20
Prozent, für 2030 stehen die Werte 35 oder 40 Prozent zur Debatte.
Die Bundesregierung plädiert hier für mindestens 40 Prozent.

Eine Sprecherin von Oettinger wollte sich auf Anfrage nicht zu
den Inhalten der noch internen Kommissionsdebatte äußern.
Umweltschützer waren entsetzt. Sollte die EU-Kommission wirklich nur
ein einziges verbindliches Ziel für 2030 festlegen wollen, drohe dies
eine «Vollbremsung» für den Klimaschutz zu werden, teilte Greenpeace

mit.

Mit ihrem zaghaften Klimakurs liegt die EU-Kommission weit
entfernt vom Europaparlament. Zwei Ausschüsse der Volksvertretung
hatten sich erst am Donnerstag drei verbindliche Klimaziele für das
Jahr 2030 ausgesprochen: 40 Prozent für die CO2-Reduktion und die
Verbesserung der Energieeffizienz sowie 30 Prozent für Erneuerbare.
Vergleichsjahr ist 1990. Viele EU-Staaten wollen beim Klimaschutz
aber ähnlich wie die Kommission auf harte Pflichten verzichten, etwa
Großbritannien und Polen. Daher ist es fraglich, ob sich das
Parlament in der Klimadebatte mit seinen ehrgeizigen Forderungen
durchsetzen kann.