Lebensmittelverschwendung: Europa diskutiert über Haltbarkeitsdatum Von Martina Herzog, dpa

19.05.2014 16:34

Tadellos in Ordnung, aber trotzdem im Müll: Viele einwandfreie
Lebensmittel werden entsorgt, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum
erreicht ist. «Das Essen ist zu gut für die Tonne», meint
Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).

Brüssel (dpa) - Viele Lebensmittel sind problemlos auch nach Ablauf
des Mindesthaltbarkeitsdatums verzehrbar. Mehrere EU-Länder schlagen
deshalb vor, mehr Produkte von der Pflicht zur
Haltbarkeits-Kennzeichnung zu befreien. Schon heute gilt sie nicht
für alle Nahrungsmittel.

Was besagt das Mindesthaltbarkeitsdatum?

Bis zum Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) sollte ein
Produkt normalerweise in Top-Zustand sein - also seinen vollen
Geschmack behalten oder nicht matschig werden. Das setzt natürlich
sachgemäße Aufbewahrung und eine intakte Verpackung voraus. Vor allem
langlebige Lebensmittel wie Reis, Nudeln oder Tee können aber auch
weit über das MHD hinaus noch ohne Bedenken genießbar bleiben.

Wann sollte man Lebensmittel besser wegwerfen?

Wenn das Verbrauchsdatum erreicht ist - Kunden erkennen es am
Aufdruck «zu verbrauchen bis». «Das Verbrauchsdatum haben wir auf
solchen Produkten, die sehr sensibel sind, weil sie aufgrund ihrer
Zusammensetzung und ihrer Herstellungsweise für mögliche
Keimbelastung anfällig sind», erklärt Christian Böttcher vom
Handelsverband HDE.

Bei welchen Waren ist besondere Vorsicht geboten?

Als Beispiele nennt Böttcher frisches Geflügel- oder Hackfleisch.
«Das Verbrauchsdatum sollte der Kunde auch wirklich sehr ernst nehmen
und diese Produkte nach dem Verbrauchsdatum nicht mehr verwenden.»
Das Bundeslandwirtschaftsministerium rät: «Wenn Sie deutliche
Veränderungen in Farbe, Konsistenz, Geruch oder Geschmack
entdecken, sollten Sie die Produkte besser entsorgen.»

Ist Lebensmittelverschwendung ein großes Problem?

Geschätzte 89 Millionen Tonnen Lebensmittel werden nach einem Papier
der niederländischen und schwedischen Regierungen jedes Jahr in
Europa verschwendet. Die EU-Kommission redet gar von 100 Millionen
Tonnen - dies entspreche einem Drittel der Nahrung für den
menschlichen Gebrauch. Nicht alle Lebensmittelabfälle landen dabei in
der privaten Mülltonne - manche Produkte erreichen den Verbraucher
erst gar nicht, weil sie schon beim Transport beschädigt werden oder
weil bei Veranstaltungen Reste auf dem Buffet übrigbleiben.

Welche Änderungen sind jetzt im Gespräch?

Die Regierungen Schwedens und der Niederlande wollen prüfen lassen,
ob weitere haltbare Produkte von der Pflicht zum
Mindesthaltbarkeitsdatum befreit werden könnten. Schon heute muss das
Datum nicht auf jede Packung: Wein, Kaugummi, frisches Obst und
Gemüse und einige weitere Lebensmittel sind von der Vorschrift
ausgenommen. Deutschland unterstützt die Pläne. «Wir verschwenden
Lebensmittel (...) und das ist auch ethisch nicht begründbar», sagt
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).

Was passiert jetzt?

Das ist noch nicht absehbar. Zunächst einmal müsste die EU-Kommission
einen Vorschlag zur Änderung der relevanten EU-Verordnung machen. Bis
sich die Vorschriften ändern, könnte es unter Umständen noch Jahre
dauern.