Zu wenig Frauen aufgestellt - Zeitplan für EU-Kommission in Gefahr

31.07.2014 18:58

Der künftige Chef der EU-Kommission hat es schwer: Juncker soll aus
den Vorschlägen der EU-Staaten ein neues Gremium zusammensetzen. Doch
die Hauptstädte nominieren zu wenige Kandidatinnen. Der Zeitplan
gerät in Gefahr.

Brüssel (dpa) - Die Bildung der neuen EU-Kommission könnte sich
verzögern, weil zu wenig Frauen für das Gremium nominiert wurden.
Sollten die EU-Staaten nicht ausreichend Frauen benennen, werde sich
der Start der neuen EU-Kommission verschieben, warnte die Sprecherin
des künftigen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker am
Donnerstag in Brüssel. Offiziell soll die neue EU-Kommission Anfang
November ihr Amt aufnehmen.

«Herr Juncker hat mehrfach klar gemacht, dass eine Kommission mit nur
zwei oder drei Frauen nicht legitim und nicht glaubwürdig sein wird,
und dass er dies nicht akzeptieren wird», so die Sprecherin. «Wenn
keine Lösung gefunden wird, könnte die Bildung der Kommission mehr
Zeit benötigen.»

Bereits Anfang Juli hatte Juncker die Mitgliedsländer aufgerufen,
mehr Frauen in die Brüsseler Chefetage zu entsenden. Bislang haben
die EU-Hauptstädte nur zwei Frauen für die 27 zu vergebenden Posten
offiziell nominiert. Einige Staaten haben mehrere Kandidaten
vorgeschlagen, aus denen Juncker auswählen kann, andere könnten noch
Frauen nachnominieren. Am Abend fehlten noch von vier Staaten
offizielle Vorschläge, verlautete aus EU-Kreisen.

So will Tschechien die derzeitige Ministerin für Regionalentwicklung,
Vera Jourova, nach Brüssel schicken. Schweden möchte, dass die
bisherige EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström schwedische
EU-Kommissarin in Brüssel bleibt. Zudem wird von Bulgarien erwartet,
auch künftig auf die bisherige Kommissarin für humanitäre Hilfe,
Kristalina Georgiewa zu setzen. Slowenien nominierte am Donnerstag
drei Personen, darunter zwei Frauen: Die scheidende
Ministerpräsidentin Alenka Bratusek, Außenminister Karl Erjavec und
die sozialdemokratische Europaabgeordnete Tanja Fajon.

In der derzeitigen Kommission sind 9 von 28 Kommissaren Frauen.

Auch das Europaparlament hatte parteiübergreifend stets betont, dass
es einer Kommission ohne einen bedeutenden Anteil von Frauen nicht
zustimmen wird.

Bis zum Donnerstagabend sollten die Staaten ihren jeweiligen
Kandidaten und das gewünschte Portfolio nennen. Einige Länder - wie
etwa Belgien, das nach den Wahlen noch keine Regierung gebildet hat -
dürften aber länger brauchen. Juncker wird dann auf dieser Basis sein
Gremium zusammenstellen. Die Namen will er zunächst nicht offiziell
veröffentlichen.

Malmström (46) twitterte, sie sei «geehrt und glücklich» darüber,
zum
zweiten Mal von der Regierung nominiert worden zu sein. Der
schwedische Außenminister Carl Bildt, der ebenfalls für den Posten im
Gespräch gewesen war, kommentierte per Tweet: «Hat einen
ausgezeichneten Job in einem schwierigen Ressort gemacht. Eine
Bereicherung für die EU und die Kommission.»

Deutschland schickt den bisherigen EU-Energiekommissar Günther
Oettinger erneut ins Rennen. Frankreich hat den ehemaligen
Finanzminister Pierre Moscovici nominiert.

Juncker wolle eine abschließende Liste mit den designierten
Kommissaren Anfang September mit dem EU-Ministerrat vereinbaren.
Zuvor sollen sich die Staats- und Regierungschefs bei einem
Sondergipfel am 30. August auf einen neuen Außenbeauftragten einigen.
Auch der nächste EU-Ratspräsident, der die Gipfeltreffen der Staats-
und Regierungschefs vorbereitet, muss noch bestimmt werden.

Der 59-jährige Juncker war Mitte Juli vom Europaparlament zum
Nachfolger von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gewählt
worden. Bei der Wahl seiner 27 EU-Kommissare muss Juncker unter
anderem die Parteizugehörigkeit, die Herkunft und das Geschlecht
berücksichtigen.