Franken-Freigabe bringt Südwesten den großen Umtausch und mehr Käufer Von Judith Hoppermann, dpa

16.01.2015 17:01

Viele Schweizer kommen nach Deutschland, um Geld zu tauschen und
auszugeben. Seit der Freigabe des Franken brummt der Verkehr in der
Grenzregion - und auch Pendler haben Grund zu Freude.

Lörrach (dpa) - Der Kurswechsel der Schweizer Notenbank verunsichert
Kommunen und Anleger - doch die Pendler entlang der
deutsch-schweizerischen Grenze bescheren Wechselstuben und örtlichen
Banken in der Region eine Hochkonjunktur. Nach der Freigabe des
Schweizer Franken zum Euro spürt der deutsche Südwesten, das Gebiet
in direkter Nachbarschaft zur Schweiz, die Auswirkungen. Der Andrang
beim Umtausch von Franken in Euro ist groß.

Für Bad Säckingen, eine deutsche Kleinstadt direkt an der Grenze,
wird die Lage einerseits komplizierter. Denn sie ist in Schweizer
Franken verschuldet - laut Bürgermeister Alexander Guhl derzeit mit
13 Millionen Franken. Um die finanziellen Verluste nun in Grenzen zu
halten, will die Stadt so rasch wie möglich Franken-Schulden in
Euro-Schulden umwandeln - eine Folge der Schweizer Währungspolitik.

«Für Euro-Verdiener ist die Zinsbelastung um 15 bis 20 Prozent
gestiegen», meint André Marker, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse
Lörrach-Rheinfelden. «Wir vergeben Kredite in Franken eigentlich nur
an Grenzgänger, die auch Franken verdienen.» Trotzdem habe es
vereinzelt Anfragen gegeben, die Kredite in Euro zu tauschen.

«Wir haben in allen unseren Filialen sehr, sehr lange Schlangen vor
den Kassen. Es sind deutlich mehr Menschen, die Franken umtauschen
wollen. Wir liegen im vierstelligen Kundenbereich», berichtet der
Sparkassen-Chef in Lörrach. Die süddeutsche Kleinstadt liegt vor den
Toren der Schweizer Industriemetropole Basel. Es sind sowohl Pendler,
die in der Schweiz arbeiten, als auch Schweizer, die jetzt Franken
in Euro tauschen wollen.

Wieviel getauscht wird, ist unterschiedlich: «Es sind im Durchschnitt

zwischen 1000 und 5000 Franken», hat Marker beobachtet. Damit habe
sich der Umsatz der Sparkasse von einem Tag auf den anderen
verzehnfacht. «Normalerweise haben wir Umsätze von 230 000 bis 300
000 Franken, nun liegt es zwischen 3 und 4 Millionen.» Marker ist
gespannt auf Samstag: «Da werden sicher noch einmal mehr Pendler und
Schweizer, die gerade beim Einkaufen sind, zum Umtauschen kommen.»

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte am Donnerstag
überraschend den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro aufgehoben. Er
war ursprünglich eingeführt worden, um die Exportwirtschaft des
Alpenlandes vor einem allzu starken Franken zu schützen. Bei einer
starken einheimischen Währung werden Ausfuhren ins Ausland teurer.

Die Freisetzung des Franken spürt auch der Shopping-Tourismus in der
deutsch-schweizerischen Grenzregion. «Schon immer sind die Schweizer
nach Deutschland zum Einkaufen gekommen, jetzt mit dem günstigeren
Kurs fahren sie noch weiter ins süddeutsche Gebiet rein», sagt der
Chef der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee,
Claudius Marx, in Konstanz.

Rund 25 Prozent der Schweizer kaufen laut einer Studie der
Universität St. Gallen aus dem Jahr 2013 einmal im Monat gezielt
im Ausland ein. Entlang der Grenze betrage ihr Anteil im Schnitt
sogar bis zu 35 Prozent, schätzt der südbadische Einzelhandelsverband
in Freiburg - Tendenz steigend. In einigen Branchen, beispielsweise
im Möbell- oder Elektronikhandel, machten sie 60 Prozent und mehr vom
Umsatz aus.

Für die rund 40 000 Pendler aus Deutschland, die in der Schweiz
arbeiten und täglich über die Grenze fahren, ist die Freigabe des
Franken ein Grund zur Freude: «Wenn das Gehalt in Deutschland
versteuert und ausgegeben wird, ist das wie eine abrupte
Gehaltserhöhung», erklärt IHK-Chef Marx.

Damit hätten Arbeitnehmer von Schweizer Unternehmen rund 20 Prozent
mehr Lohn in der Tasche. «Das sind auf kurze Sicht natürlich gute
Nachrichten. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Arbeitsmarkt in der
Schweiz stabil bleibt und keine deutschen Arbeitsplätze verloren
gehen. Das wäre dann kein Grund zur Freude mehr.»

Aus Deutschland werden laut der Studie der Universität auch Güter im
Wert von rund 2,4 Milliarden Euro in die Schweiz exportiert, während
die Schweiz nach Deutschland nur Waren im Wert von 1,8 Milliarden
Euro einführt. «Der Import in die Schweiz wird von der Freigabe
weiter profitieren», meint IHK-Chef Marx. Jedoch könne der Schweizer
Export leiden und bis zu drei Prozent einbüßen.