Ex-Gesundheitskommissar Dalli scheitert mit Klage gegen EU-Kommission

12.05.2015 11:41

Freiwilliger Rückzug oder doch eher ein Rauswurf? Der Rücktritt von
EU-Gesundheitskommissar Dalli war ein Skandal. Nachdem der erste
Schock verstrichen war, wehrte sich der Politiker und sprach von
unfairer Behandlung. Nun hat er eine juristische Schlappe erlitten.

Luxemburg (dpa) - Der frühere EU-Gesundheitskommissar John Dalli ist
nach Ansicht des EU-Gerichts nicht aus dem Amt gedrängt worden. Die
Luxemburger Richter wiesen am Dienstag eine Klage des Ex-Kommissars
ab. Dalli sei im Oktober 2012 vielmehr freiwillig zurückgetreten,
urteilte das Gericht (Rechtssache T-562/12). Er kann aber vor dem
übergeordneten Europäischen Gerichtshof in Berufung gehen. Der heute
66-Jährige war wegen angeblich zu enger Verbindungen zur
Tabakindustrie ins Zwielicht geraten. Er hatte behauptet, der
damalige EU-Kommissionschef José Manuel Barroso habe ihn gedrängt,
sein Amt niederzulegen.

Laut EU-Recht kann der Chef der EU-Kommission deren Mitglieder zum
Rücktritt auffordern: «Ein Mitglied der Kommission legt sein Amt
nieder, wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird», heißt es
dort. Barroso legte Dalli laut Gericht zwar dringlich den Rückzug
nahe und war auch entschlossen, diesen notfalls offiziell
einzufordern - doch genau dazu kam es nicht. Deshalb sei Dalli
freiwillig zurückgetreten, erklärten die Richter.

Zum Beleg führten sie unter anderem Äußerungen von Dalli selbst nach

seinem Rücktritt an. So sagte er noch am gleichen Abend in einem
Interview mit einer Radiostation seines Heimatlandes Malta: «Ich
bleibe nicht, wo ich nicht gewollt werde.» Zudem habe er die
Darstellung der Kommission, wonach er aus freien Stücken das Feld
geräumt habe, in den Tagen danach nicht öffentlich infrage gestellt.

Vor dem EU-Gericht hatte Dalli im vergangenen Jahr die Unterredung
mit Barroso als «Hinterhalt» beschrieben und von «Schikane»
gesprochen. Er sei von den Beschuldigungen überrumpelt worden.

Wegen der Vorwürfe zu großer Nähe zur Tabakindustrie, die ihn das Amt

kosteten, musste sich Dalli nie vor Gericht verantworten. Die
maltesischen Behörden wollten Ende 2012 zwar Anklage erheben, Dalli
hielt sich aber im Ausland auf und legte medizinische Atteste vor,
wonach er nicht reisen konnte. Später wurden die Ermittlungen wegen
Mangels an Beweisen eingestellt. Gegen einen engen Vertrauten Dallis,
den Malteser Geschäftsmann Silvio Zammit, läuft ein
Gerichtsverfahren.