EU-Kommission geht gegen deutsche Pkw-Maut vor

18.06.2015 12:49

Eskalation mit Ankündigung: Die deutschen Pläne für eine Pkw-Maut
sind von Anfang an in Brüssel auf große Skepsis gestoßen. Nun gibt es

das Gesetz - und die EU-Kommission holt zum Gegenschlag aus.

Brüssel (dpa) - Brüssel macht ernst im Streit um die Pkw-Maut. Die
EU-Kommission geht wegen der Abgabe juristisch gegen Deutschland vor.
Nach derzeitiger Einschätzung der Behörde verstößt die Abgabe gegen

europäisches Recht, wie die Kommission am Donnerstag mitteilte.
Brüssel eröffnet deshalb ein Verfahren wegen Verletzung des
EU-Vertrags gegen die Bundesrepublik.

«Eine Straßennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie
nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert», teilte
EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc mit. «Wir haben erhebliche
Zweifel, ob die einschlägigen deutschen Gesetze diesem Grundsatz
entsprechen.»

Der Vorwurf der EU-Kommission: Die Pkw-Maut benachteilige
ausländische Autofahrer gezielt. Denn erstens würden unter dem Strich
nur ausländische Fahrer belastet, weil Inländer ihr Geld über eine
Senkung der Kfz-Steuer zurückbekommen sollen. Zweitens sei
ausgerechnet die Kurzfrist-Maut, die normalerweise vor allem von
Ausländern gezahlt wird, «überproportional teuer». Die deutsche Mau
t
belastet nach Angaben des Kommissionssprechers besonders Fahrer aus
Nachbarländern Deutschlands.

Beides stelle eine verbotene Diskriminierung von Bürgern anderer
EU-Staaten dar, so die Behörde. Laut Bundesverkehrsministerium soll
die Maut nach Abzug der Kosten jährlich 500 Millionen Euro
einbringen. Kritiker bezweifeln dies.

Vorausgegangen war eine lange Auseinandersetzung zwischen Berlin und
Brüssel um die Maut. «Nach Bekanntgabe des endgültigen Gesetzestextes

musste die Kommission bedauerlicherweise feststellen, dass die
grundsätzlichen von der Kommission bislang vorgetragenen rechtlichen
Bedenken wegen der Diskriminierung auf Basis der Staatsangehörigkeit
unverändert fortbestehen», so die Mitteilung. Bundespräsident Joachim

Gauck hatte das Gesetz am 8. Juni unterzeichnet.

Deutschland erhält nun zunächst ein Mahnschreiben aus Brüssel. Zu den

Vorwürfen muss Berlin innerhalb von acht Wochen Stellung nehmen. Wenn
sich beide Seiten nicht einigen können, droht Deutschland am Ende
eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Bis zu einem Urteil könnten zwei Jahre vergehen.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Einführung
der Maut bis zu dieser Entscheidung verschieben, wie er der
«Bild»-Zeitung (Donnerstag) sagte. Die EU-Kommission reagierte
positiv: «Wir haben die Ankündigung von Minister Dobrindt zur
Kenntnis genommen und wir begrüßen diese», sagte der
Kommissionssprecher.