Konkrete Zahlen: EU geht die Umsiedlung von Syrien-Flüchtlingen an

21.04.2016 19:26

Wer nimmt wann wie viele Syrien-Flüchtlinge aus der Türkei auf? Über

diese Frage herrschte in der EU wochenlang Unklarheit. Jetzt liegt
ein Fahrplan vor.

Luxemburg/Brüssel (dpa) - In der EU gibt es erstmals konkrete Pläne
für die geregelte Aufnahme von Syrien-Flüchtlingen aus der Türkei.
Ein am Donnerstag bekannt gewordenes Papier sieht einen
Verteilungsschlüssel für zunächst vier Monate vor. Deutschland würd
e
demnach monatlich 100 Syrien-Flüchtlinge aufnehmen, die derzeit in
der Türkei leben. Insgesamt könnten aus dem Land in den ersten
Monaten jeweils rund 1100 Menschen nach Europa umgesiedelt werden. Es
sei gut, dass die Zahlen nicht so hoch seien, kommentierte
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einem Treffen mit
seinen Kollegen in Luxemburg.

Nach den offiziellen Zahlenvorschlägen würden die meisten Flüchtlinge

pro Monat in Norwegen (218), Frankreich (148) und Italien (118)
aufgenommen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur könnte
Deutschland allerdings freiwillig auch rund 200 Syrer monatlich
aufnehmen. Die Zusagen würden sicherlich übererfüllt, hieß es aus
Regierungskreisen.

Offiziell wurden die Zahlen von den Ministern in Luxemburg nicht
bestätigt. Ein ausdrücklicher Ministerbeschluss ist dafür aber
ohnehin nicht notwendig, da sie auf verbindlichen Aufnahme-Zusagen
beruhen, die die EU-Staaten und drei andere europäische Länder
bereits im vergangenen Sommer gemacht hatten. Bei dem Treffen in
Luxemburg kam das Thema Flüchtlingsverteilung erst ganz am Ende des
Treffens unter Zeitdruck zur Sprache. Dabei machten mehrere Länder
Zusagen.

«Heute gab es mehr Zusagen und das sind gute Neuigkeiten», erklärte
der niederländische Migrationsstaatssekretär Klaas Dijkhoff nach dem
Treffen. «Wir haben beschlossen, in einer geplanten Weise an einer
glaubhaften Anzahl von Ansiedlungen aus der Türkei zu arbeiten.»

Hintergrund der Verteilungspläne ist der seit dem 20. März geltende
Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei. Es sieht die Rückführung
nahezu aller Migranten vor, die illegal aus der Türkei auf
griechische Inseln übersetzen. Für jeden Syrer, der von den
griechischen Inseln in die Türkei zurückgebracht wird, soll im
Gegenzug ein Syrer legal und auf direktem Wege in die EU umgesiedelt
werden.

Noch offen ist auch, wie es nach den ersten vier Monaten weitergehen
könnte. Der EU-Türkei-Plan sieht vor, dass zunächst bis zu 72 000
Syrer aus der Türkei in die EU umgesiedelt werden können.

Der luxemburgische Minister Jean Asselborn kritisierte unterdessen
die Veröffentlichung der Zahlenpläne. Das an die Öffentlichkeit
gelangte Papier erwecke den falschen Eindruck, dass Luxemburg nur
zwei Syrer pro Monat aufnehmen werde. «Wir haben 7 Funktionäre vor
Ort. Die sind da, um die ersten 50 und dann wieder 50 aufzunehmen»,
kommentierte Asselborn.

Aus Verhandlungskreisen hieß es, dass mit dem Zahlenvorschlag
natürlich nicht ausgeschlossen werde, dass Länder mehr Syrer aus der
Türkei aufnehmen könnten. Er solle lediglich Planungssicherheit
schaffen und dafür sorgen, dass sich alle Staaten an Zusagen aus dem
Sommer 2015 hielten. Sie sind Basis der Pläne.

Widerstand kam dagegen nach Angaben aus EU-Kreisen zuletzt nur noch
aus den Ländern Polen und der Slowakei. Ungarn ist von dem Vorschlag
nicht betroffen, weil die Regierung in Budapest im vergangenen Sommer
keine konkrete Zusage für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Lagern in
Drittstaaten gemacht hatte.