Das Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in der EU

20.02.2017 19:26

Brüssel (dpa) - Das Verfahren der EU-Kommission gegen Polen, zu dem
sich die Regierung in Warschau am Montag geäußert hat, beruht auf
einem erst 2014 geschaffenen Mechanismus zum Schutz der
Rechtsstaatlichkeit. Es läuft seit Januar 2016. Anlass war unter
anderem die Reform des polnischen Verfassungsgerichts.

Folgende Stufen des EU-Verfahrens sind möglich:

Sachstandsanalyse: Gibt es Hinweise auf Probleme, holt die Kommission
alle relevanten Informationen ein und prüft, ob es klare Anzeichen
für eine systembedingte Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit gibt.

Stellungnahme: Gelangt die Kommission zum Ergebnis, dass dies der
Fall ist, kann sie eine «Stellungnahme zur Rechtsstaatlichkeit»
abgeben. Diese dient als Warnung und gibt dem Mitgliedstaat die
Möglichkeit zu reagieren.

Empfehlung: Bleibt eine aus Sicht der Kommission ausreichende
Reaktion aus, kann sie eine «Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit»
aussprechen. Damit setzt die Kommission dem Mitgliedstaat eine Frist
zur Lösung der Probleme. Im Falle Polens hatte die EU-Behörde am 27.
Juli 2016 eine solche Frist gesetzt und sie auf drei Monate
festgelegt. Polen änderte seine umstrittene Justizreform, doch die
Brüsseler Behörde hält das für unzureichend. Im Dezember forderte s
ie
nochmals Nachbesserungen und setzte eine neue Frist bis 21. Februar.

Artikel 7: Dann kann die Kommission, das EU-Parlament oder eine
Gruppe von zehn Mitgliedstaaten erwägen, ein Verfahren nach Artikel 7
des EU-Vertrags einzuleiten. Dieser sieht bei «schwerwiegender und
anhaltender Verletzung» der im Vertrag verankerten Werte als
schwerste Sanktion eine Aussetzung der Stimmrechte des
Mitgliedstaates vor. Vorher müssen die Staats- und Regierungschefs
der übrigen EU-Staaten aber einstimmig feststellen, dass tatsächlich
ein «schwerwiegender und anhaltender» Verstoß vorliegt.