Banken bewältigen Stress - Deutsche Bank und Commerzbank unter Druck

30.07.2016 03:30

Zeugnistag für Europas Banken, und die Nervosität an den Märkten war

groß: Können die wichtigsten Institute einen neuen Schock überstehen?

Die Ergebnisse des diesjährigen Stresstests könnten nun für etwas
Beruhigung sorgen.

London/Frankfurt/Main (dpa) - Europas Großbanken haben von der
Bankenaufsicht ein insgesamt recht ordentliches Zeugnis für ihre
Krisenfestigkeit bekommen. «Das Ergebnis zeigt Widerstandsfähigkeit
im EU-Banken-Sektor als Ganzes dank erheblicher Kapitalaufstockung»,
heißt es in dem Bericht der Bankenaufsicht EBA, der am Freitag in
London veröffentlicht wurde.

Demnach erwiesen sich die in den vergangenen Jahren deutlich erhöhten
Kapitalpuffer als vergleichsweise stabil. Bei der Commerzbank und der
Deutschen Bank riss der Test zwar überdurchschnittlich große Löcher
in die Kapitaldecke. Sie behaupteten sich aber dennoch über den zuvor
als kritisch erachteten Marken.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) bewertete das Ergebnis
positiv: Der Test zeige eine verbesserte Widerstandsfähigkeit im
Bankensystem der Eurozone. Einzelne Banken offenbarten allerdings
deutliche Schwächen. Europaweit am schlechtesten schnitt die
italienische Traditionsbank Monte dei Paschi ab, deren Kapitalquote
angesichts eines Berges fauler Kredite sogar in den negativen Bereich
rutschte. Kurz vor der Präsentation der Stresstest-Ergebnisse legte
das Geldhaus indes einen milliardenschweren Rettungsplan vor.

Philipp Wackerbeck, Strategieberater und Bankenexperte bei der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, urteilte: «Das Ergebnis ist
insgesamt in Ordnung und zeigt, dass die Banken aufgrund ihrer in den
letzten beiden Jahren verbesserten Kapitalausstattung ein Stück
weiter sind.» Gleichwohl rechnet er damit, dass die EZB «einige
Banken zu Kapitalerhöhungen auffordern» wird.

Die neun deutschen Institute im Test erwiesen sich als ausreichend
ausgestattet, wenn auch in einigen Fällen nur knapp. Am besten
schnitt das staatliche Förderinstitut NRW Bank ab, die sich auch im
schlimmsten Schockszenario mit einer harten Kapitalquote von 35,4
Prozent bewährte. Die Deutsche Bank sackte auf 7,8 Prozent ab, die
Commerzbank auf 7,42 Prozent, sie waren damit die schwächsten
deutschen Institute im Test. Die Landesbanken behaupteten sich recht
gut: Die BayernLB kam auf 8,34, die Nord LB auf 8,62, die Landesbank
Baden-Württemberg auf 9,40 und die Helaba auf 10,10 Prozent.

Die harte Kernkapitalquote gilt als die entscheidende Kennziffer. Sie
setzt das Eigenkapital von Banken ins Verhältnis zu den
Risikopositionen. Analysten hatten bei der Deutschen Bank zuvor einen
Absturz unter die Marke von 7,5 Prozent für kritisch erachtet und
angenommen, dass die Bank dann doch wieder zu einer Kapitalerhöhung
greifen müsste. Das will Vorstandschef John Cryan unbedingt
vermeiden. «Wir sind 2016 mit einem besseren Ergebnis aus dem Test
herausgekommen als 2014, obwohl der diesjährige Test anspruchsvoller
war», sagte Vorstandschef John Cryan. «Der Stresstest zeigt, dass die
Bank auch für härtere Zeiten gewappnet ist.»

Für die Commerzbank galt ein Wert von unter 7 Prozent als kritisch.
«Die Commerzbank ist widerstandsfähig und stressresistent», sagte
Risikovorstand Marcus Chromik. «Auch unter den widrigen Bedingungen
des EBA Stress-Szenarios wäre die Stabilität der Bank gewährleistet.
»

Anders als beim vorigen Stresstest 2014 hatte die EBA diesmal selbst
keine Grenzwerte definiert, bei deren Unterschreitung eine Bank als
Durchfaller galt. Es ging vielmehr darum, einen Gesamteindruck von
der Solidität der Geschäftsmodelle zu bekommen.

Die Resultate werden sich aber maßgeblich auf die jährliche Bewertung
der Institute durch die Aufseher auswirken. In dem im Fachjargon SREP
genannten Prozess legen die Behörden gegen Jahresende individuelle
Kapitalzuschläge für die Banken fest. Zudem bestimmen sie darüber,
wie viel Geld die Institute für Dividenden oder Zinsen auf
eigenkapitalähnliche Anleihen zahlen dürfen.

Untersucht wurde im Stresstest bei 51 Geldhäusern, ob sie etwa einem
heftigen Absturz der Wirtschaft und einem Einbruch der
Immobilienpreise standhalten. Erstmals wurden dabei auch
Rechtsrisiken in den Test einbezogen, darunter litten besonders
Institute mit einem großen Investmentbanking. Ebenfalls kräftig unter
Druck gerieten etwa auch die britische Bank Barclays, die
französische Société Générale und die italienische Unicredit.

Deutsche Banken warnten vor einer Überinterpretation der Ergebnisse.
Gerade die großen Universalbanken, die praktisch sämtliche
Bankdienstleistungen anbieten, seien vom Stressszenario besonders
getroffen worden, sagte ein hochrangiger Manager einer großen
deutschen Bank der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX.

Die EBA habe alle Geschäftsbereiche unter Druck gesetzt und die
negativen Ergebnisse dann einfach addiert. Dass es in der Realität
auch gegenläufige Effekte gibt, sei im Test ausgeklammert worden. «So
kommt natürlich ein besonders negatives Ergebnis zustande», sagte der
Banker. Er kritisierte vor allem das Vorgehen der Aufseher bei der
Berechnung des Zinsrisikos. Deutsche Banken mit hohen Einlagen von
Privatkunden etwa auf Girokonten seien dabei besonders belastet
worden.

Auch Wackerbeck mahnte zur Vorsicht beim Schluss auf die Bewertung
der Rentabilität der Banken. Aus den Ergebnissen ließe sich keine
Aussage treffen. «Diese Strukturschwäche müssen die Banken angehen.
Der Stresstest stellt ihnen keinen Persilschein aus.» Nach seiner
Einschätzung haben die italienischen Banken insgesamt nicht so
schlecht abgeschnitten wie befürchtet. «Es wurden stärkere Ausreiße
r
erwartet. Die italienische Bankenkrise ist damit aber nicht
überstanden. Der Markt wird weiter Druck auf sie ausüben, ihre
Bilanzen zu bereinigen.»