Die Positionen der Länder in der Flüchtlingskrise

24.09.2016 04:20

Zäune, Abschiebungen, Gefängnisstrafen: Die Staaten entlang der
Balkanroute haben sich in der Flüchtlingskrise schon lange
abgeschottet. In Wien könnte nun endgültig das politische Ende der
Willkommenskultur besiegelt werden.

Wien (dpa) - Das weitere Vorgehen Europas in der Flüchtlingskrise
steht im Mittelpunkt eines Gipfeltreffens in Wien. Die Länder entlang
der Balkanroute sowie Deutschland kommen auf Einladung des
österreichischen Kanzlers Christian Kern (SPÖ) an diesem Samstag
zusammen. Die Positionen aller teilnehmenden Staaten.

ÖSTERREICH: Die Zeit der Willkommenskultur ist vorbei. Verschärfungen
der Asylgesetze sind geplant. Eine Verordnung zur Zurückweisung von
Asylbewerbern direkt an der Grenze könnte kommen, sollte eine
Obergrenze von 37 500 Flüchtlingen in diesem Jahr überschritten
werden. Bis Ende August waren über 26 400 Menschen zum Asylverfahren
zugelassen.

DEUTSCHLAND: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach den Wochen der
Öffnung vor einem Jahr längst einen Kurswechsel vollzogen.
Verschärfte Asylgesetze, leichtere Abschiebungen, vor allem aber das
Abkommen der EU mit der Türkei sollen den Flüchtlingszuzug bremsen.
Nur das Wort «Obergrenze», das die CSU von ihr fordert, wird sie
nicht formulieren. Auf europäischer Ebene weiß Merkel, dass die feste
Quote zur Verteilung von Flüchtlingen gescheitert ist. Schwerpunkt
ist jetzt die Sicherung der Außengrenzen. 

GRIECHENLAND: Seit Inkrafttreten des Flüchtlingspakts der EU mit der
Türkei kommen nur noch wenige Flüchtlinge illegal von der Türkei nach

Griechenland. Doch die Angst, dass der Pakt nicht standhält und der
Zustrom wieder anschwillt, ist groß. Außerdem kritisiert die linke
Regierung in Athen, dass die anderen EU-Länder trotz der vereinbarten
Umsiedlung von rund 30 000 Flüchtlingen bisher nur wenige Tausend
Menschen übernommen haben.

UNGARN: Der rechts-konservative Ministerpräsident Viktor Orban
praktiziert schon seit dem Herbst 2015 eine Politik der Abschottung.
An Ungarns Grenzen zu Serbien und Kroatien stehen
stacheldrahtbewehrte Zäune. Budapest lehnt auch EU-Quoten zur
faireren Verteilung von Asylbewerbern ab. Am 2. Oktober will Orban
diese Ablehnungshaltung durch eine Volksabstimmung bestätigen lassen.

RUMÄNIEN: Das Land vertritt eine ähnliche Position wie Ungarn, nur in

gemäßigterem Ton. Eine Verteilung der Flüchtlinge per Quote lehnt es

ab, obwohl es bisher kaum betroffen war.

SLOWENIEN: Die Regierung hat wiederholt vor einem neuen Ansturm
gewarnt und will auf keinen Fall erneut Migranten nach Österreich
durchschleusen. Das Land hat bereits einen Zaun zu Kroatien.

SERBIEN: Kritischer wird die Lage in Serbien, wo geschätzte 5000
Migranten festsitzen. Trotz gemeinsamer Militär- und
Polizeipatrouillen kommen immer neue Flüchtlinge.

MAZEDONIEN: In Mazedonien spielt nach fast zweijähriger tiefer
politischer Krise und den bevorstehenden vorzeitigen Parlamentswahlen
im Dezember das Flüchtlingsthema keine große Rolle. Der Grenzzaun zu
Griechenland hält größere Menschenmengen ab.

KROATIEN: Bisher hat sich Kroatien ausschließlich als Transitland
verstanden, deshalb steht die Problematik nicht auf der Tagesordnung.

ALBANIEN: Sehr wenig von der Krise betroffen ist auch Albanien.
Deshalb ist die Situation der Flüchtlinge kaum ein Thema.

BULGARIEN: Die Aufnahmezentren sind laut Regierungsangaben voll.
Bulgarien versteht sich als Transitland und will es auch bleiben.
Seit Jahresbeginn wurden gut 13 000 Flüchtlinge registriert, über die
Hälfte ist weiter gezogen.