Luftfahrt sucht nach neuen Wegen für umweltschonenderes Fliegen Von Ralf E. Krüger, dpa

27.09.2016 05:00

Die Weltluftfahrt kämpft gegen ihr Klimakiller-Image. Beim Ringen um
eine weitere Reduzierung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes testet
sie trotz effizienterer Flieger die Grenzen des ökologisch Tragbaren
aus. Die Luftfahrtorganisation ICAO denkt daher über neue Wege nach.

Montréal/Hannover (dpa) - Umweltschonenderes Fliegen steht bei der
Versammlung der UN-Luftfahrtorganisation (ICAO) in Montréal vom 27.
September bis 7. Oktober im Fokus. Vertreter von 191 Staaten wollen
in Kanada über Schritte zur Reduzierung von Flugzeug-Abgasen beraten.
Ziel ist ein Mechanismus, nach dem Airlines künftig Lizenzen für den
Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) vorweisen müssten. Dies
soll von 2020 an Anreiz zur Verringerung der schädlichen Gase im
Weltluftverkehr sein.

Wie könnte so ein Mechanismus funktionieren?

Emissionshandelssysteme sollen Airlines zur Reduzierung der
Treibhausgase motivieren. Produzieren sie mehr davon als sie Rechte
besitzen, müssten sie fehlende Emissionsrechte auf dem Markt kaufen
und in internationale Klimaprojekte investieren. Würde das Abkommen
weltweit verbindlich, könnten Airlines die in einem zertifizierten
Klimaschutzprojekt eingesparten CO2-Emissionen kaufen und so eigene
CO2-Emissionen ausgleichen, die sie selber nicht reduzieren konnten.

Warum ist ein solches Abkommen überhaupt nötig?

Der CO2-Ausstoß in der weltweiten Luftfahrt nimmt stetig zu, obwohl
die Flugzeuge immer effizienter werden. Der Grund: Das
Transportaufkommen im internationalen Luftverkehr wächst
kontinuierlich - und zwar jährlich um etwa fünf Prozent. Der Anteil
am gesamten CO2-Ausstoß liegt zurzeit bei etwa zwei Prozent; bis 2050
dürfte er sich nach den Prognosen aber vervierfachen. China und die
USA zählen zu den Staaten mit dem größten CO2-Ausstoß.

Wie stehen die deutschen Airlines beim CO2-Ausstoß da?

2015 erzielten sie nach Branchenangaben mit 3,63 Litern Kerosin pro
Person und 100 Kilometer eine neue Bestmarke. Seit 2009 haben sie
ihren Treibstoffverbrauch pro Passagier im Schnitt um 1,68 Prozent
verringert, so der Klimaschutzreport des Bundesverbands der Deutschen
Luftverkehrswirtschaft (BDL). Trotz hoher Wachstumsraten sank auch
der Anteil des Luftverkehrs an den globalen CO2-Emissionen danach von
2,81 Prozent im Jahr 2000 kontinuierlich auf 2,48 Prozent 2013.

Gibt es Alternativen zum bisher verwendeten Kerosin?

Tüftler in aller Welt forschen am Flugzeugtreibstoff der Zukunft. Von
2020 an soll der Weltluftverkehr nach Angaben der
Biokraftstoff-Initiative der Deutschen Luftfahrt (Aireg) CO2-neutral
wachsen. Dazu beitragen soll der Einsatz regenerativer Treibstoffe,
die 2025 in Deutschland zu zehn Prozent beigemischt werden sollen.
Andere experimentieren mit neuartigen Antrieben. Der Siemens-Konzern
etwa plant die Entwicklung von Regionalfliegern mit Verbrennungs- und
Elektroantrieb. Bis 2030 könnten die erste Maschinen mit bis zu 100
Passagieren und rund 1000 Kilometern Reichweite in der Luft sein.

Gibt es Obergrenzen beim CO2-Ausstoß für Flugzeuge?

Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) hat dazu
Vorschläge erarbeitet. Eine abschließende Entscheidung ist jedoch
noch offen. Umweltschützern gehen diese Vorschläge zudem nicht weit
genug. Ein Grund: Flugzeuge, die schon in Betrieb sind, sollen von
der Regelung ausgenommen sein. Heutige Modelle von Airbus oder Boeing
mit sparsamen Triebwerken liegen nach Branchenangaben bereits
innerhalb der geplanten Emissionsgrenzwerte.