EU hofft weiter auf Ceta-Rettung bis Donnerstag

24.10.2016 20:58

Muss wegen des Streits um Ceta der EU-Kanada-Gipfel abgesagt werden?
Die EU will ein solches Debakel mit aller Kraft verhindern und
verlängert die Frist für Gespräche. Aus Kanada kommen Signale des
guten Willens.

Brüssel (dpa) - Die EU gibt die Hoffnung nicht auf, das
Freihandelsabkommen Ceta doch wie geplant am Donnerstag
unterschreiben zu können. Die belgische Regierung erneuerte zwar am
Montag ihre Aussage, dem Vertrag derzeit die Zustimmung verweigern zu
müssen. Doch vereinbarten EU-Ratspräsident Donald Tusk und der
kanadische Premier Justin Trudeau überraschend, die geplante
Unterzeichnung noch nicht abzusagen. «Wir rufen alle Parteien auf,
eine Lösung zu finden», teilte Tusk mit. Es bleibe noch immer Zeit.

Trudeau wird nach Regierungsangaben am Donnerstag auf jeden Fall in
Brüssel sein. «Kanada ist bereit, jetzt zu unterschreiben», sagte
Handelsministerin Chrystia Freeland. «Der Ball liegt im Feld
Europas.»

Damit geht das tagelange Ringen um das Abkommen für rund eine halbe
Milliarde Menschen dies- und jenseits des Atlantiks in die nächste
Runde. Befürworter erhoffen sich Wirtschaftswachstum durch Abbau von
Zöllen und Handelshindernissen. Kritiker fürchten die Aushöhlung
europäischer Standards. Entscheidender Stolperstein war zuletzt die
Ablehnung durch die belgische Region Wallonie. Ihr Veto blockiert die
Zustimmung Belgiens und damit der gesamten EU.

Tusk hatte Belgien gebeten, bis Montagabend seine Position
klarzustellen. Daraufhin erklärte Ministerpräsident Charles Michel,
er sei wegen der Widerstände nicht in der Lage zuzustimmen. Nicht nur
die Wallonie, sondern auch andere Regionalvertretungen verweigerten
ihm das nötige Mandat für die Unterschrift, berichtete Michel, der
selbst für Ceta eintritt.

Deshalb war eigentlich damit gerechnet worden, dass der für
Donnerstag geplante EU-Kanada-Gipfel zur Unterzeichnung des Vertrags
abgesagt wird. Doch verlängerten Tusk und Trudeau abermals die Frist
für Gespräche. Wie ein Kompromiss so rasch noch zustande kommen
könnte, war zunächst nicht klar. Der wallonische Wortführer der
Ceta-Kritiker, Paul Magnette, hatte sich Zeitdruck verbeten und dafür
geworben, den Gipfel zu verschieben.

Ceta-Kritiker befürchten unter anderem, dass das Abkommen die Rechte
von internationalen Großkonzernen übermäßig stärkt. Die gerade ma
l
3,6 Millionen Einwohner zählenden Wallonie verlangte bis zuletzt vor
allem Zusicherungen zugunsten ihrer Landwirtschaft und Änderungen an
Vereinbarungen zur Streitschlichtung zwischen Unternehmen und
Staaten. Die Garantien für Umwelt- und Verbraucherschutz seien gut,
aber letztlich nicht ausreichend für eine Zustimmung, hieß es.

Die Abkürzung Ceta steht für Comprehensive Economic and Trade
Agreement. Es soll auch Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen
Aufträgen beseitigen und Dienstleistungsmärkte öffnen. Das soll
Wachstum und neue Jobs schaffen.

Wegen des Hin und Her wird nun auch über die Handlungsfähigkeit der
EU insgesamt debattiert. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, es
sei nicht hinzunehmen, dass eine Regionalregierung in Europa dieses
Abkommen aller 28 Länder blockiert.» Die Grünen machen sich hingegen

dafür stark, die Ceta-Unterzeichnung zu vertagen und die
Verhandlungen neu zu starten.