Oettinger entschuldigt sich im EU-Parlament für «Schlitzaugen-Rede»

09.01.2017 21:25

Begleitet von heftigen Protesten ist Günther Oettinger in Brüssel zum
Haushalts- und Personalkommissar aufgestiegen. An diesem Montag
musste der Deutsche nun zur Anhörung im Europaparlament antreten.
Neben einer Bitte um Verzeihung bringt er auch ein Versprechen mit.

Brüssel (dpa) - Günther Oettinger hat sich kurz nach einer
Beförderung zum EU-Haushalts- und Personalkommissar noch einmal für
seine umstrittene «Schlitzaugen-Rede» entschuldigt. «Es war und ist
nicht meine Absicht, irgendjemanden mit Bemerkungen zu verletzen»,
sagte er am Montagabend bei einer fast dreistündigen Anhörung im
Europaparlament im Brüssel. «Ich bedauere diese Ausdrücke von damals

ausdrücklich.»

Oettinger sprach damit von sich aus eine Ende Oktober in Hamburg
gehaltene Rede an. In ihr hatte er - damals noch als EU-Kommissar für
Digitalwirtschaft - Chinesen als «Schlitzaugen» bezeichnet, von einer
«Pflicht-Homoehe» gesprochen und missverständliche Äußerungen zur

Frauenquote gemacht.

Auf Nachfrage betonte er am Montag, dass er in seiner bisherigen Zeit
in Brüssel nachgewiesen habe, das Diskriminierung in keiner Form ein
Instrument seiner Politik sei. «Testen sie mich und erwarten Sie von
mir, dass Diskriminierungsfreiheit Teil meiner täglichen Arbeit, auch
der Personalarbeit ist», sagte Oettinger.

Bei der Anhörung stellte sich Oettinger zum ersten Mal in neuer
Funktion den Fragen von Abgeordneten der zuständigen Ausschüsse. Die
Beförderung des Deutschen durch EU-Kommissionschef Jean-Claude
Juncker sorgte bis zuletzt für Diskussionen. Oettinger-Kritiker sind
der Ansicht, der frühere baden-württembergische Ministerpräsident
(CDU) habe sich mit der umstrittenen Rede disqualifiziert.

Wenig später war zudem bekannt geworden, dass Oettinger im Mai im
Privatjet eines ehemaligen Daimler-Managers und russischen
Honorarkonsuls zu einem Abendessen mit dem ungarischen Regierungschef
Viktor Orban geflogen war.

Zu seinen häufigen Kontakten mit Interessenvertretern sagte Oettinger
am Montag, er habe «eine völlige Unabhängigkeit» Lobbygruppen
gegenüber. Er höre aber in der Regel diejenigen an, die mit Sachkunde
ein Interesse hätten, ihn zu sprechen. «Wenn man mir vorhält, dass
ich (...) mehr Treffen habe als die Kollegen in der Kommission, so
mag dies ja sein», sagte der 63-Jährige. Dies zeigt seiner Auffassung
nach aber vor allem, dass er nicht faul ist.

Dem Europaparlament versprach Oettinger, es eng in die Vorbereitung
für die künftigen EU-Finanzplanungen einzubeziehen. Das Parlament sei
für ihn neben den Mitgliedstaaten ein vollwertiger und
gleichberechtigter Mitgesetzgeber.

Überlegungen, die Periode für die aktuelle mittelfristige
Finanzplanung wegen des von Großbritanniens geplanten EU-Austritts zu
verkürzen, steht Oettinger eigenen Angaben zufolge offen, aber
zurückhaltend gegenüber. «Meine Fachleute sagen, dass dies erhebliche

Risiken birgt», erklärte er. Er wies darauf hin, dass bislang noch
nicht einmal feststeht, wann die Briten die EU verlassen.

Am Ende der Anhörung erhielt Oettinger von einigen Abgeordneten sogar
Applaus. «Kompetente Rede und präzise souveräne Antworten»,
kommentierte die CSU-Abgeordnete Monika Hohlmeier. Kritik kam jedoch
unter anderem aus den Reihen der Sozialdemokraten. Sie bemängelten,
Oettinger sei beim Thema Gleichstellung sehr unspezifisch geblieben.
Auf eine entsprechende Frage hatte der Deutsche darauf verwiesen,
dass in der EU-Kommission in den kommenden Jahren viele
Führungskräfte in den Ruhestand gingen. Er wolle Frauen durch
Weiterbildung und Ermunterung dazu bringen, sich für diese Stellen zu
bewerben, sagte er. Ziel sei es, dass bis Ende 2019 Frauen 40 Prozent
der Management-Positionen besetzten.