Merkel sieht Grenzschutz als Schlüssel bei Flüchtlingsverteilung

12.01.2017 18:06

Ihre Flüchtlingskrise hat Kanzlerin Merkel auch viel Kritik
eingebracht. Nun geht sie auf die Skeptiker zu: Ohne besseren
Grenzschutz wird es nicht gehen, sagt sie. Doch die Politik der
Offenheit bringt ihr auch eine Ehrung ein.

Brüssel/Luxemburg (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht
eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen als Voraussetzung für eine
«fairere Verteilung» von Flüchtlingen in Europa. Die Weichen dafür

müssten beim kommenden EU-Gipfel Anfang Februar in der maltesischen
Hauptstadt Valletta gestellt werden, sagte sie am Donnerstag in
Luxemburg nach einem Treffen mit dem luxemburgischen Regierungschef
Xavier Bettel.

Die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raumes stehe auf dem Spiel.
«Und das bedeutet, dass wir lernen müssen, unsere Außengrenzen so zu

schützen, dass nicht Schlepper und Schmuggler das Sagen haben,
sondern dass Absprachen zwischen Staaten zu einer vernünftigen
Grenzkontrolle führen.» Sie mahnte zugleich zu Geduld angesichts der
Weigerung vieler EU-Regierungen, Flüchtlinge aufzunehmen.

Merkel sagte, auch Deutschland sei über viele Jahre nicht bereit
gewesen, sich an einem solchen fairen Verteilungssystem von
Flüchtlingen zu beteiligen. Als Spanien und Italien große Probleme
mit Flüchtlingen hatten, «da hat bei uns auch das Denken
vorgeherrscht: «Ach, wir liegen ja in der Mitte, bei uns kommt keiner
mehr an».» Sie fügte hinzu: «Insofern sollten wir jetzt ein wenig
Geduld haben.» Dies sei nicht das erste europäische Projekt, «für d
as
man länger als anderthalb Jahre arbeiten musste».

Ihre Flüchtlingspolitik brachte Merkel am Donnerstag auch eine
weitere Auszeichnung ein. In der belgischen Hauptstadt Brüssel
verliehen ihr die beiden Universitäten Gent und Löwen ihre inzwischen
14. Ehrendoktorwürde. Merkel sprach von einer «besonderen Geste der
Freundschaft und Verbundenheit».

Die beiden Universitäten begründeten die Auszeichnung für Merkel
unter anderem mit ihrer «mutigen und humanen Haltung auf dem
Höhepunkt der Flüchtlingskrise». Sie habe auf eine in der Weltpolitik

seltene Weise «echte Staatskunst, politische Kreativität und genuine
Menschlichkeit» in ihrer Person vereint, heißt es in der Begründung.

Belgiens Premierminister Charles Michel sagte an Merkel gewandt, er
schätze «die Kraft und die Aufrichtigkeit Ihrer europäischen
Überzeugungen».

In ihrer Dankesrede warnte Merkel davor, sich angesichts der
Konflikte in der europäischen Nachbarschaft auf andere zu verlassen.
«Aus Sicht einiger unserer traditioneller Partner, ich denke hier
auch an die transatlantischen Beziehungen, gibt es keine
Ewigkeitsgarantie für die enge Zusammenarbeit mit uns Europäern»,
sagte sie.

Vor dem Brüsseler Konferenzgebäude, in dem die feierliche Verleihung
stattfand, protestierten ungefähr hundert Menschen gegen die
Auszeichnung, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete.
Rechtsextreme belgische Gruppierungen hatten zu der Versammlung
aufgerufen, weil sie Merkels Flüchtlingspolitik ablehnen.

Merkel sollte später am Tag noch den belgischen König Philippe
treffen.