EU-Parlament verteidigt Ex-Präsidenten Schulz - keine Verstöße

19.02.2017 14:01

Gab es Unregelmäßigkeiten bei der Entlohnung verdienter Mitarbeiter,
als SPD-Hoffnungsträger Schulz noch Chef des EU-Parlaments war? Die
dortige Verwaltung sagt, dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Die Union
will nicht lockerlassen.

Brüssel/Berlin (dpa) - Das EU-Parlament sieht keine Rechtsverstöße
seines früheren Präsidenten und heutigen SPD-Kanzlerkandidaten
Martin Schulz bei der Bezahlung oder Beförderung enger Vertrauter.
Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur teilte der Pressedienst
des Parlaments mit: «Das Parlament hat keine Informationen darüber,
dass Mitarbeiter regelwidrig versetzt oder befördert wurden.» Auch
habe Schulz keine Kompetenzen überschritten, weil er als Präsident
des Parlaments einem Mitarbeiter nachträglich eine Zulage gewährte.
Eine Überprüfung durch den Haushaltskontrollausschuss des Parlaments
stehe allerdings noch aus.

Der 61-jährige Schulz war von 2012 bis Anfang 2017 Präsident der
EU-Volksvertreter in Straßburg und Brüssel. Ende Januar wurde er zum
SPD-Kanzlerkandidaten gekürt. Seitdem haben die Sozialdemokraten in
den Umfragen rasant zugelegt und liegen in Reichweite zur Union. Der
Koalitionspartner sucht nun nach Schwachstellen von Schulz.

CDU-Bundesvize Volker Bouffier warf Schulz vor, es bei
der Schilderung etwa der Arbeitsmarktlage oder des Wohlstandsgefälles
mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen: «Schulz' Behauptungen sind
nahezu alle falsch», sagte der hessische Ministerpräsident dem
«Tagesspiegel am Sonntag». Reagiere die Union darauf, «werden wir als

unanständige Menschen hingestellt, die den Hoffnungsträger angreifen
und die Stimmung stören».

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der «Bild am Sonntag»,
er könne keine «Schmutzkampagne» gegen Schulz erkennen. «Sie wäre

auch kontraproduktiv, weil sie den Blick auf die notwendige
Sachdebatte verstellen würde.»

Auf scharfe Kritik war zuletzt in der SPD gestoßen, dass Politiker
der Union in Brüssel Material über Schulz sammeln. Das Magazin
«Spiegel» berichtete erneut über den langjährigen Schulz-Vertrauten

und jetzigen SPD-Wahlkampfmanager Markus Engels. Schulz habe
persönlich dafür gesorgt, dass der eigentlich in Brüssel angestellte

Pressesprecher nach Berlin versetzt wurde - so standen diesem
Auslandszuschläge und Kostenerstattungen für Dienstreisen zu. Die
EU-Parlamentsverwaltung erklärte dazu: «Da Herr Engels nicht zu
Unrecht Zahlungen und andere Leistungen erhalten hat, gibt es keinen
Anlass für die Verwaltung, die Bezüge erneut zu prüfen.»

Als Schulz 2012 Parlamentspräsident geworden sei, sei das Interesse
deutscher Medien an der Arbeit des Parlaments erheblich gewachsen.
«Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurde eine regelmäßige
Präsenz von Herrn Engels in Berlin für wichtig erachtet, um die
Beziehungen zu den nicht in Brüssel arbeitenden Journalisten
verstärken zu können.» Dafür sei Engels auf eine «Langzeitdienstr
eise
(mission longue durée)» geschickt worden. Dies sei für das Parlament

die kostengünstigste Variante gewesen. Einzel-Dienstreisen wären für

das Parlament deutlich teurer gewesen, so die EU-Verwaltung.

Der Fall Engels sei keine Ausnahme. «Langzeitdienstreisen werden im
Europäischen Parlament regelmäßig genutzt.» Dagegen schreibt der
«Spiegel», seit Anfang 2016 befänden sich von den rund 7600
Parlamentsmitarbeitern nur 13 auf einer Langzeitmission.