Emnid-Umfrage: SPD erstmals seit zehn Jahren vor Union

19.02.2017 19:45

Die SPD bleibt mit ihrem Kanzlerkandidaten Schulz obenauf und lässt
die Union in einer neuen Umfrage knapp hinter sich. Das EU-Parlament
nimmt seinen früheren Präsidenten gegen Vorwürfe in Schutz.

Berlin (dpa) - Mit ihrem Spitzenkandidaten Martin Schulz zieht die
SPD in einer Emnid-Umfrage erstmals seit einem Jahrzehnt wieder an
der Union vorbei. Im «Sonntagstrend» für die «Bild am Sonntag» st
ieg
die SPD im Vergleich zur Vorwoche um einen Punkt auf 33 Prozent. Die
CDU/CSU verlor einen Punkt und kam auf 32 Prozent. Linke (8 Prozent)
und Grüne (7 Prozent) blieben unverändert. Dadurch hätte ein
rot-rot-grünes Bündnis derzeit eine knappe Mehrheit. Die FDP lag
erneut bei 6 Prozent, die AfD fiel um einen Punkt auf 9 Prozent -
ihren schlechtesten Wert im «Sonntagstrend» seit einem Jahr. Die
SPD hat seit der Nominierung von Schulz zum Kanzlerkandidaten in
allen Umfragen deutlich zugelegt.

Das EU-Parlament nimmt seinen früheren Präsidenten gegen
Begünstigungs-Vorwürfe in Schutz. Auf eine Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur teilte der Pressedienst des Parlaments mit: «Das
Parlament hat keine Informationen darüber, dass Mitarbeiter
regelwidrig versetzt oder befördert wurden.» Auch habe Schulz keine
Kompetenzen überschritten, weil er als Präsident des Parlaments einem
Mitarbeiter nachträglich eine Zulage gewährte. Eine Überprüfung dur
ch
den Haushaltskontrollausschuss des Parlaments stehe noch aus.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet, dass die
Schulz-Festspiele für die SPD in den Umfragen bald vorbei sind. «Die
Schau ist kurz, es muss schon ein bisschen Substanz kommen», sagte
Schäuble am Sonntag in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin». Die
Union fürchte den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz nicht, nehme
ihn aber ernst.

Ungeachtet der Mehrheit für Rot-Rot-Grün in der Umfrage hält
Arbeitsministerin Andrea Nahles die Linke weiterhin nicht für
regierungsfähig. «Was mich bei der Linkspartei erstaunt, ist ihre
flache Lernkurve», sagte die SPD-Parteilinke den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. «Es kann sonst etwas auf der Welt passieren, doch die
Linkspartei erzählt den gleichen Quark wie in den neunziger Jahren.»

Das ließ Linken-Frontfrau Sahra Wagenknecht nicht auf sich sitzen:
«Nahles Aussagen werfen kein gutes Licht auf die
Gerechtigkeitsrhetorik des SPD-Kanzlerkandidaten Schulz.» Die
SPD verspreche mehr soziale Gerechtigkeit, halte sich aber eine
Fortsetzung einer großen Koalition mit der Union offen.

Seit längerem gibt es zwischen SPD, Grünen und Linken
Lockerungsübungen. Zuletzt trafen sich die Parteimanager. Schulz will
noch vor der Sommerpause an einer rot-rot-grünen Gesprächsrunde
teilnehmen. In allen drei Parteien gibt es unverändert erhebliche
Widerstände gegen Rot-Rot-Grün.

Auch die Union bemüht sich um die Grünen. So warb Hessens
Ministerpräsident Volker Bouffier für Schwarz-Grün im Bund. Hessen
habe gezeigt, dass so ein Bündnis funktioniere. «Deshalb werbe ich
für Offenheit bei der Union», sagte Bouffier dem «Tagesspiegel am
Sonntag». CDU und CSU müssten «darauf achten, dass man sich nicht
strategisch die Wege verbaut». CSU-Chef Horst Seehofer gilt als
Gegner von Schwarz-Grün.