Wegen Terrors: Schotten halten inne im Streit über den Brexit

22.03.2017 19:17

Die Brexit-Verhandlungen rücken näher, und Schottland will sich gegen
die Linie der britischen Regierung positionieren. Doch an diesem Tag
ist das nicht mehr das Wichtigste.

London/Brüssel (dpa) - Die mutmaßlichen Terrorangriffe von London
haben am Mittwoch den Streit über den Brexit in den Schatten
gestellt. Das schottische Regionalparlament verschob wegen der
Bluttaten seine Abstimmung darüber, ob wegen des geplanten
EU-Austritts Großbritannien ein neues Unabhängigkeitsreferendum
angesetzt wird. In Brüssel zeigte sich EU-Brexit-Unterhändler Michel
Barnier betroffen von den Ereignissen in London und sagte den Briten
Solidarität zu.

Barnier umriss dennoch den Stand der Vorbereitungen für die
Brexit-Verhandlungen, die nach dem offiziellen Antrag zum EU-Austritt
Großbritanniens kommende Woche beginnen sollen. Dabei stellte der
EU-Unterhändler dem Vereinigten Königreich ein völlig neuartiges
Freihandelsabkommen in Aussicht. Voraussetzung sei allerdings, dass
möglichst rasch zunächst die Bedingungen des EU-Austritts geklärt
werden. Dabei müsse London die während der Mitgliedschaft
eingegangenen finanziellen Verpflichtungen erfüllen.

Von einem Ausscheiden ohne Einigung mit der EU riet er dringend ab,
weil dies auch für Großbritannien große Unsicherheit und Nachteile
brächte. «Dieses Szenario möchten wir nicht, wir wünschen uns ein
Abkommen», sagte Barnier. Die Linie der EU beschrieb er so: «Wir
werden entschieden sein, wir werden freundlich sein, wir werden
niemals naiv sein.»

Die britischen Premierministerin Theresa May fährt vor Beginn der
Brexit-Verhandlungen gegenüber der EU einen harten Kurs und hat
bereits angekündigt, dass das Königreich aus dem Europäischen
Binnenmarkt ausscheiden wird. Die schottische Regierung ist damit
nicht einverstanden und will deshalb erneut über die Unabhängigkeit
vom Vereinigten Königreich abstimmen lassen.

Die Zustimmung des schottischen Parlaments gilt als sicher, doch
wurde die Debatte am Mittwoch abgebrochen. Sie werde an einem anderen
Tag fortgesetzt, sagte ein Regierungssprecher in Edinburgh der
Deutschen Presse-Agentur. Schottlands Regierungschefin Nicola
Sturgeon schrieb auf Twitter, ihre Gedanken seien bei allen
Betroffenen im Londoner Regierungsviertel Westminster und bei den
tapferen Rettungskräften.