Röttgen: EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei förmlich aussetzen

17.04.2017 13:15

Berlin (dpa) - Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen hat nach dem
knappen «Ja» der Türken zur größeren Machtfülle ihres Präside
nten ein
förmliches Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen verlangt. «Die
Fortsetzung von Beitrittsverhandlungen mit einem Land, das sich gegen
die Grundprinzipien Europas, nämlich der Rechtsstaatlichkeit und der
Demokratie entschieden hat, wären ein Widerspruch in sich», sagte der
Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags am Montag der
Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Bei dem Referendum gab es nach dem vorläufigen Ergebnis 51,3 Prozent
«Ja»-Stimmen, 48,7 Prozent votierten mit Nein.

Eine Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen «wäre zutiefst unehrlich
und eine erhebliche Selbstbeschädigung der demokratischen und
rechtsstaatlichen Glaubwürdigkeit Europas», sagte Röttgen. Er sprach

sich für eine Reaktion des EU-Rates «ohne längeres Zögern» aus un
d
sagte: «Nur bei einer formalen Aussetzung der Verhandlungen wäre auch
die Grundlage für die sogenannten Annäherungsbeihilfen der EU an die
Türkei in erheblicher Größenordnung entfallen».

Ein Abbruch der Beitrittsverhandlungen wäre möglich, wenn sich alle
28 Mitgliedstaaten einig wären. EU-Kommission und Bundesregierung
waren zuletzt aber der Meinung, dass ein Wegfall der
Beitrittsperspektive dazu führen könnte, dass die Türkei sich etwa
bei Menschenrechten noch weniger an europäische Standards hält.
Alternative wäre ein offizielles Aussetzen der Gespräche. Dafür wür
de
ausreichen, wenn 16 der 28 Länder zustimmen, sofern diese Staaten
mindestens 65 Prozent aller Bürger in der Union vertreten. Ein
Aussetzen würde eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu einem
späteren Zeitpunkt ermöglichen.

Kritisch äußerte sich Röttgen zur hohen Zustimmung von Deutsch-Türk
en
zum Referendum - hier hatten nach inoffiziellen Angaben 63 Prozent
mit «Ja» gestimmt. Als Konsequenz rechnet er mit Auswirkungen auf die
Doppelpass-Debatte. Dauerhafte doppelte Staatsbürgerschaft sei kein
Beitrag zur Integration.