Asean wird 50 - Duterte empfängt zu Jubiläumsgipfel in Manila Von Christoph Sator, dpa

25.04.2017 07:45

Asean - das Gegenstück zur EU in Südostasien - wird 50. Beim
Jubiläumsgipfel auf den Philippinen ist die Feierlaune aber nicht
allzu groß. Insgesamt sind die zehn Staaten doch sehr verschieden.
Eine «asiatische EU» werden wollen sie nicht.

Manila (dpa) - In seinen ersten zehn Monaten als Staatschef der
Philippinen hat sich Rodrigo Duterte auch international durchaus
einen Namen gemacht: mit einem brutalen Anti-Drogen-Krieg zuhause
sowie übelsten Beschimpfungen ausländischer Kollegen. Beim jüngsten
Gipfel der Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (Asean) nannte er
den damaligen US-Präsidenten Barack Obama einen «Hurensohn».

Nun muss der 72-Jährige zeigen, dass er auch anders kann. An diesem
Mittwoch beginnt in Manila der Jubiläumsgipfel zu Aseans 50-jährigem
Bestehen. Duterte scheint guten Willens. Im offiziellen Gipfelvideo
heißt er seine Gäste zuckersüß im Land von «7107 Inseln der
Schönheit, der Wunder und des Vergnügens» willkommen. Und säuselt
dazu: «Mabuhay ang Asean!» («Lang lebe Asean!»)

Zumindest auf ein halbes Jahrhundert hat es die Staatengruppe schon
gebracht - keine Selbstverständlichkeit. Als Asean (Association of
Southeast Asian Nations) 1967 aus der Taufe gehoben wurde, waren nur
fünf Länder dabei: Indonesien, Thailand, Malaysia, die Philippinen
und Singapur, allesamt Verbündete der USA. Treibende Kraft im Kalten
Krieg war die Angst vor dem Kommunismus.

Heute sind es doppelt so viele. Nach und nach kamen Brunei,
Vietnam, Laos, Myanmar und Kambodscha hinzu. Auf der Warteliste steht
Osttimor. Mit 625 Millionen Einwohnern - mehr als die Hälfte unter 30
- ist Asean längst größer als die Europäische Union (EU). Und, zä
hlt
man alles zusammen, mit einer Wirtschaftskraft von mehr als 2,5
Billionen Dollar drittgrößter Wirtschaftsraum der Welt.

Aber die Unterschiede sind enorm: vom Ministaat Brunei
zu Inselreichen wie den Philippinen, von Armenhäusern wie Laos zum
Finanzzentrum Singapur, vom kommunistischen Ein-Parteien-Staat
Vietnam zur weltgrößten muslimischen Demokratie Indonesien. Auch was
den Glauben angeht: mehr als 240 Millionen Muslime, 150
Millionen Buddhisten, 120 Millionen Christen. Plus Hindus, Taoisten,
Konfuzianer und mehr.

Trotz aller Differenzen ist Südostasien jedoch seit Jahrzehnten eine
der friedlicheren Regionen der Welt. Der Chef des
Asean-Studienzentrums in Singapur, Tang Siew Mun, sagt: «Größte
Errungenschaft ist, mit politisch, wirtschaftlich und sozial so
unterschiedlichen Staaten ein stabiles Umfeld geschaffen zu haben.»

Immer schon gilt bei Asean die Regel, dass Beschlüsse einstimmig
gefasst werden müssen. Zudem mischt man sich in die
inneren Angelegenheit der anderen grundsätzlich nicht ein. Das führt

allerdings auch dazu, dass die Gruppe international eher als
unverbindliche Staatengemeinschaft denn als «Global Player» gilt.

Immer mal wieder wird Asean mit der fast genau so alten EU
verglichen. Sie hat ein gemeinsames Sekretariat, in Indonesiens
Hauptstadt Jakarta, und seit 2015 auch einen gemeinsamen Binnenmarkt.
Größer sind jedoch die Unterschiede: keine gemeinsame Währung, kein
gemeinsames Parlament, keine Kommission.

Der Asien-Experte Felix Heiduk von der Stiftung Wissenschaft und
Politik (SWP) meint deshalb: «Der Vergleich mit den Europäern hinkt.

Die Asean-Mitglieder haben sich ja nie zum Ziel gesetzt, so etwas wie
eine "zweite EU" zu werden. Heute wollen sie das vielleicht weniger
denn je.» Mit Prognosen, dass die EU auf jeden Fall eine größere
Zukunft hat als Asean, ist man allerdings vorsichtiger geworden.

Zu den aktuell größten Herausforderungen gehört der Streit um
verschiedene Inseln im Südchinesischen Meer, auf die verschiedene
Asean-Mitglieder Anspruch erheben, vor allem aber der große Nachbar
China. Der Versuch, eine Art Verhaltenskodex zu entwickeln, brachte
bislang keinen Erfolg. Tang meint: «Das Thema ist ein harter
politischer Test für Asean, und bislang hat sie ihn nicht bestanden.»

Dahinter steht aber auch eine Grundsatzentscheidung - wie sich die
Region zwischen den Großmächten USA und China positioniert. Die
meisten Länder hatten zuletzt versucht, mit beiden gut auszukommen.
Aber durch zunehmend aggressivere Töne - aus Peking, neuerdings aber
auch aus Washington - wächst der Druck, sich zu entscheiden.

Heiduk sagt voraus: «Die Gruppe als Ganzes wird sich nicht auf die
eine oder andere Seite schlagen. Aber einige haben das schon gemacht:
Kambodscha und Laos stehen an Chinas Seite, in Singapur ankern
Schiffe der amerikanischen Pazifik-Flotte. Das Ringen der Großmächte
um die anderen ist in vollem Gang.» Als Wackelkandidat gelten
inzwischen sogar die Philippinen, einst treuer US-Verbündeter.
Duterte hat es geschafft, selbst daran Zweifel aufkommen zu lassen.