EU-Ausländer in Großbritannien sehen Mays Vorschläge skeptisch Von Gaby Mahlberg und Silvia Kusidlo, dpa

23.06.2017 16:45

London/Berlin (dpa) - Die Vorschläge der britischen Premierministerin

Theresa May für ein weitreichendes Bleiberecht der EU-Bürger in
Großbritannien stoßen bei Betroffenen auf Skepsis. Viele EU-Ausländer

vertrauen der Konservativen nicht mehr. Einige Beispiele:

«Zunächst klingen die Vorschläge gut, aber im Detail kann so einiges

schief gehen», sagte am Freitag Thorsten Altenkirch (54), der seit 17
Jahren in Großbritannien lebt. «Außerdem ist noch nicht einmal klar,

wie lange May überhaupt noch Premierministerin bleibt», meinte der
Professor für Informatik an der Universität Nottingham. Da der
gebürtige Berliner schon lange im Vereinigten Königreich arbeitet,
hat er wegen seiner Zukunft zwar «keine schlaflosen Nächte». Sorgen
macht er sich aber um seinen Sohn, der in Deutschland geboren wurde.

Auch Kerstin, die seit mehr als sechs Jahren in Großbritannien für
eine große Versicherung arbeitet und nicht ihren vollen Namen nennen
möchte, ist vorsichtig. «Ich traue dieser Premierministerin nicht
über den Weg und kann mir nicht vorstellen, dass sie eine optimale
Lösung für EU-Bürger bietet.» Am besten sei es wohl, einen britisch
en
Pass zu beantragen, vor allem wegen der Rentenansprüche. «Das werde
ich wahrscheinlich tun - zähneknirschend», sagte die Deutsche.

Tanja Bültmann, Dozentin für Geschichte an der Universität von
Northumbria, glaubt: «Auf Basis der momentan bekannten Informationen
kann man keine definitive Aussage zu gut oder schlecht treffen.» Aber
die Wissenschaftlerin aus Newcastle Upon Tyne ist ebenfalls
misstrauisch: «Ich gehe davon aus, dass der Vorschlag nicht gut genug
sein wird», sagte Bültmann, die unter anderem in Bielefeld studierte.

Sorgen um ihre Zukunft machen sich ebenfalls viele Briten in
Deutschland - und haben sich vorsichtshalber einen deutschen Pass
besorgt. 2016 gingen bundesweit 2865 britische Einwanderer diesen Weg
- ein Anstieg um 361 Prozent. Einer von ihnen ist Steve Lack (50),
der in Berlin lebt. «Die vagen Formulierungen von May in Brüssel
waren wieder typisch - das ist doch nichts Handfestes», schimpfte der
IT-Administrator, der jetzt die doppelte Staatsbürgerschaft hat. May
könne nach ihrer Wahlschlappe nicht mehr so einen harten Brexit-Kurs
fahren. «Man muss gucken, was da rauskommt.»