Fipronil-Skandal: Weiterer Giftstoff in Desinfektionslösung entdeckt

18.08.2017 19:13

Neue Entwicklung im Fipronil-Skandal: Bei einer Analyse der
Desinfektionslösung «Dega 16» wurde auch Amitraz entdeckt - ein
Pestizid, das in Geflügelställen nicht vorkommen darf.

Berlin/Brüssel (dpa) - Der Skandal um mit dem Gift Fipronil belastete
Eier könnte sich ausweiten. Bei einer Analyse der Desinfektionslösung
«Dega 16», die als Auslöser des Skandals gilt, ist in Belgien auch
das Pestizid Amitraz entdeckt worden. Das erklärte das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am Freitag auf
Anfrage. Zuvor hatte der «Spiegel» über die Untersuchungsergebnisse
berichtet.

Belgische Behörden hätten bei der Untersuchung von sichergestellten
«Dega 16»-Kanistern Spuren des Giftstoffs gefunden, zitiert das
Nachrichtenmagazin aus einem vertraulichen Bericht, der über das
europäische Schnellwarnsystem RASFF verbreitet wurde. Laut «Spiegel»

soll Belgien den Fund bereits im Juli über dieses
Lebensmittel-Warnsystem an die übrigen EU-Staaten übermittelt haben.
Amitraz wird unter anderem in der Tiermedizin gegen Milben und
Insekten eingesetzt. Biozide mit Amitraz sind in der EU verboten.

Hinter dem Fipronil-Skandal steckt aus Sicht von
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kriminelle
Energie. Der Einsatz des Pestizids in Hühnerställen sei «kriminell»
,
sagte er am Freitag im niedersächsischen Verden. Eine
Gesundheitsgefahr für Verbraucher schloss er jedoch aus. «Gott sei
Dank, kann ich Entwarnung geben: Es gibt keine Gesundheitsgefährdung
für den Verbraucher.»

Erstmals wurde am Freitag das Insektizid Fipronil in einer Ei-Probe
aus Hamburg nachgewiesen, auch in Baden-Württemberg ließ sich der
Stoff erstmals in Eiern nachweisen. In beiden Fällen teilten die
zuständigen Ämter mit, dass keine Gesundheitsgefahr von den Eiern
ausgehe. Bis dahin war Fipronil deutschlandweit in fünf Betrieben
nachgewiesen worden, vier davon in Niedersachsen. EU-weit waren bis
Freitag 18 Länder betroffen. Doch auch in Nicht-EU-Staaten wie der
Schweiz, dem Libanon und Hongkong fanden sich kontaminierte Eier.

Schmidt betonte, der Skandal tauge nicht zum Wahlkampfthema. Er ist
als Bundeslandwirtschaftsminister für das Thema zuständig,
Lebensmittelüberwachung dagegen ist Sache der Bundesländer. «Sachlich

und ruhig» müssten Lehren gezogen werden, um den Austausch von
Informationen in Europa in Zukunft zu verbessern, sagte der
CSU-Politiker. Zuletzt hatte das Bundesagrarministerium die Zahl von
10,7 Millionen möglicherweise mit Fipronil belasteten Eiern genannt,
während der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne)
allein für sein Bundesland von 35,3 Millionen sprach.

In den Niederlanden, das mit mindestens 180 betroffenen Betrieben,
von denen derzeit noch rund 140 geschlossen sind, im Zentrum des
Lebensmittelskandals steht, unterbricht das Parlament seine
Sommerpause für eine Sonderdebatte. Dabei sollen die
Gesundheitsministerin und der Staatssekretär des
Wirtschaftsministeriums Rede und Antwort stehen. Die Debatte soll in
der kommenden Woche stattfinden.

Klärungsbedarf sieht auch die Europäische Union. Das Thema soll nun
beim EU-Agrarministertreffen am 5. September eine Rolle spielen. Nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die estnische
Ratspräsidentschaft die Tagesordnung für die Beratungen der
Agrarminister am 5. September entsprechend geändert.

Nach den bisherigen Ermittlungen gelangte Fipronil in Eier, weil es
unerlaubterweise zur Reinigung von Ställen eingesetzt wurde. Das
Mittel kommt unter anderem als Insektengift, Pflanzenschutzmittel
sowie in der Veterinärmedizin zum Einsatz.