Labour-Partei erhöht Druck auf May: Veto-Recht beim Brexit-Deal

22.10.2017 15:48

Die britische Regierung steht auch innerhalb des Vereinigten
Königreichs beim Brexit mächtig unter Druck. Die Opposition rasselt
mit dem Säbel; Wirtschaft und Kultur werden zunehmend nervöser.

London (dpa) - Der britischen Premierministerin Theresa May droht
neuer Ärger beim EU-Austritt. Die oppositionelle Labour-Partei will
sich mit Rebellen der Konservativen zusammentun, um ein Vetorecht des
Parlaments bei einem Brexit-Deal zu bekommen. Das kündigte Labours
Brexit-Sprecher Keir Starmer in der «Sunday Times» an und forderte
weitere Änderungen beim EU-Austrittsgesetz. Vertreter aus Wirtschaft
und Kultur warnten am Sonntag unterdessen vor Brexit-Folgen.

Mit Hilfe des geplanten EU-Austrittsgesetzes könnten nach dem Brexit
auf einen Schlag über 12 000 EU-Vorschriften in nationales Recht
übertragen werden. Das soll Chaos direkt nach der Trennung von der
Staatengemeinschaft verhindern, unter anderem bei Unternehmen.

Labour-Experte Starmer schrieb in der «Sunday Times», dass durch das
EU-Austrittsgesetz Rechte von Arbeitnehmern und Verbrauchern sowie
Standards beim Umweltschutz nicht verwässert werden dürften. Außerdem

müsse die von May vorgeschlagene etwa zweijährige Übergangsphase nach

dem Brexit in dem Gesetz berücksichtigt werden. Er forderte auch,
dass die Grundrechte-Charta der EU britisches Gesetz werden müsse.

Das EU-Austrittsgesetz hat die erste Hürde im Parlament genommen, ist
aber noch lange nicht verabschiedet. Es liegen viele Änderungsanträge
vor. Streit gibt es insbesondere um Formulierungen, die weitreichende
Gesetzesänderungen ohne volle Beteiligung des Parlaments zulassen.

May führt seit der schiefgelaufenen Neuwahl im Juni eine
Minderheitsregierung an und ist auf die Hilfe der erzkonservativen
nordirischen DUP (Democratic Unionist Party) angewiesen. Schon wenige
Rebellen im eigenen Lager können Regierungspläne verhindern.

Verbände aus Wirtschaft und Kultur warnten am Sonntag vor möglichen
negativen Folgen des Austritts aus der Europäischen Union. Fünf große

britische Wirtschaftsorganisationen mahnten in einem Brief an
Brexit-Minister David Davis, der dem Sender Sky News vorlag,
Planungssicherheit für Firmen an. Es gehe um Investitionen und Jobs.

Der Verband CIF, der in Großbritannien die Interessen kreativer
Unternehmen vertritt, warnte vor dem Verlust zahlreicher Talente
durch das Ende der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Branche ist einem
Report zufolge nervös. Bereiche wie Mode, Film, Architektur und Musik
seien auf sehr mobile Beschäftigte aus dem EU-Ausland angewiesen.

Davis wird am Montag nach Frankreich reisen und mit Außenminister
Jean-Yves Le Drian sprechen. Frankreich und die anderen EU-Länder
forderten auf ihrem Gipfel am Freitag in Brüssel mehr Entgegenkommen
von London vor allem bei der Brexit-Schlussrechnung. Dabei geht es um
finanzielle Zusagen aus London für Verpflichtungen aus der
gemeinsamen EU-Zeit; sie könnten bis zu 100 Milliarden Euro betragen.