Neuer Vorschlag zur Flüchtlingsverteilung in der EU

01.12.2017 17:52

Um eine Reform des sogenannten Dublin-Systems für ankomemnde
Flüchtlinge gibt es seit Jahren Streit in der EU. Nun liegt ein neuer
Kompromissvorschlag auf dem Tisch. Fraglich ist allerdings, ob ihn
auch Länder wie Ungarn als solchen ansehen.

Brüssel (dpa) - Im innereuropäischen Streit über eine gerechtere
Verteilung von Flüchtlingen gibt es einen neuen Kompromissvorschlag
der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft. Wie aus dem der Deutschen
Presse-Agentur vorliegenden Papier hervorgeht, könnten Länder wie
Ungarn und die Slowakei in Zukunft auf Basis eines festen Systems
gezwungen werden, gegen ihren Willen schutzbedürftige Menschen
aufzunehmen. Dem Vorschlag zufolge soll dies dann möglich sein, wenn
ein anderes Land deutlich mehr belastet ist, als es dies bei einer
fairen EU-weiten Umverteilung von Asylsuchenden wäre.

Damit das Verfahren funktionieren kann, würde die EU-Kommission unter
Berücksichtigung von Faktoren wie der Bevölkerungsgröße und der
Wirtschaftskraft festlegen, wie viele Asylsuchende ein EU-Staat bei
einer gerechten Verteilung aufnehmen müsste. Dann würde regelmäßig

ermittelt, wie die reale Verteilung aussieht.

Sobald ein Land 50 Prozent über seinem «fairen Anteil» liegt und
freiwillige Hilfen nicht ausreichen, könnte die EU-Kommission eine
Umverteilung von Asylsuchenden anordnen. Eine solche Anordnung könnte
nur über einen Beschluss des EU-Ministerrates doch noch verhindert
werden. Hilfe für nicht ganz so stark betroffene Länder soll nach dem
Vorschlag der estnischen Ratspräsidentschaft ausschließlich auf
freiwilliger Basis organisiert werden.

Das neue System würde eine weitreichende Abkehr von der bislang
gültigen Dublin-Verordnung darstellen. Diese sieht vor, dass
grundsätzlich jenes Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem

ein Schutzsuchender das erste Mal einen Asylantrag gestellt hat oder
in dem er nachweislich EU-Boden betreten hat.

In der jüngsten Flüchtlingskrise hat sich die Dublin-Verordnung
allerdings als nicht praktikabel erwiesen, weil Länder wie
Griechenland den Massenzustrom nicht stemmen konnten und Migranten
weiter in andere EU-Länder wie Deutschland reisen konnten.

Das mitteleuropäische EU-Staaten wie Ungarn und die Slowakei dem
Reformvorschlag zustimmen könnten, gilt angesichts ihres Widerstandes
gegen jeglichen Zwang bei einer Aufnahme von Flüchtlingen als äußert

unwahrscheinlich. Letztlich könnte er aber auch mit einer
qualifizierten Mehrheit der EU-Staaten angenommen werden.

Auf hoher politischer Ebene wird vermutlich zum ersten Mal bei einem
EU-Innenministertreffen Ende der kommenden Woche über das Papier
gesprochen. Bis Mitte nächsten Jahres soll eigentlich klar sein, wie
künftig die Verteilung von Asylsuchenden in der EU organisiert wird.