Rot für Zucker - Hersteller wollen abgeschwächte Nährstoff-Ampel

02.12.2017 10:54

Verbraucherverbände wollten schon vor Jahren eine Farbkennzeichnung
für sehr zuckrige, salzige oder fette Lebensmittel. Jetzt kommt die
Industrie mit einem eigenen Vorschlag - und stößt auf Kritik.

Brüssel (dpa) - Dickmacher wie Zucker und Fett sollen nach einem
Vorschlag großer Lebensmittelkonzerne künftig in Ampelfarben auf
Verpackungen angezeigt werden - einheitlich in Europa. Der belgische
Hersteller Mondelez bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die
Initiative. Die stößt jedoch bei Verbraucherschützern auf Kritik. Die

Organisation Foodwatch moniert, der Vorschlag führe Verbraucher
hinters Licht.

Mondelez, Coca-Cola, Mars, Nestlé, Pepsi und Unilever hatten schon im
März einen Vorstoß für eine «weiterentwickelte Farbkennzeichnung»
für
Lebensmittel angekündigt. Grundlage ist die sogenannte
Ampelkennzeichnung, die in Großbritannien verwendet wird. Sie zeigt
in der Signalfarbe Rot auf der Packung an, ob ein Produkt viel
Zucker, Fett oder Salz enthält. Denn diese Zutaten können bei Verzehr
in großen Mengen Fettleibigkeit und Gesundheitsprobleme fördern.

Gegen die Einführung einer solchen Lebensmittelampel hatten sich
Hersteller lange gewehrt, weil eine rote Kennzeichnung abschreckend
wirke. Nun schlagen sie selbst eine Farbkennzeichnung vor. Mondelez
erklärte, man wolle «Verbrauchern helfen, auf den ersten Blick eine
gesündere Auswahl zu treffen».

Foodwatch kritisierte jedoch, das vorgeschlagene System sei weniger
strikt und aussagekräftig als die Lebensmittelampel in
Großbritannien. Es ziele darauf ab, möglichst wenige Produkte mit der
Warnfarbe Rot zu kennzeichnen.

Foodwatch nannte als Beispiel Frühstücksflocken der Marke «Nesquik»
.
Die Angabe zum Zucker sei in Großbritannien rot unterlegt, mit dem
vorgeschlagenen System sei dasselbe Produkt mit derselben Zuckermenge
aber nur noch gelb. Nutella stehe nach dem britischen System bei
Fett, gesättigten Fettsäuren und Zucker auf Rot. Mit dem
Herstellervorschlag wäre indes alles gelb.

Mondelez-Sprecher Francesco Tramontin erklärte, das neue System
basiere auf kleineren Portionen. Damit könnten sich einige
Kennzeichnungen von Rot auf Gelb ändern. Das System gebe einen Anreiz
für die Hersteller, auf kleinere Portionen umzustellen. Außerdem
passe es besser für Lebensmittel wie Käse oder Olivenöl, die in
kleineren Mengen als 100 Gramm verzehrt werden - diese Menge ist
bisher Bemessungsgrundlage.

Foodwatch-Experte Oliver Huizinga ließ das nicht gelten. «Die sechs
Lebensmittelriesen wollen die Kriterien für eine Ampelkennzeichnung
derart verändern, dass die Ampel seltener auf «Rot» springt. Das
führt die Idee einer verbraucherfreundlichen Nährwertkennzeichnung ad
absurdum», sagte er.