EuGH lässt Italien Spielraum bei Auslegung von EU-Vertrag

05.12.2017 11:07

Luxemburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof hat Italien Spielraum
bei der Umsetzung einer Klausel der EU-Verträge zugebilligt und damit
einen Grundsatzstreit mit Rom entschärft. Die Luxemburger Richter
präzisierten am Dienstag ihre Rechtssprechung zu Pflichten der
EU-Staaten bei der Verfolgung von Mehrwertsteuerbetrug. Ein früheres
Urteil hatte in Italien den Verfassungsgerichtshof auf den Plan
gerufen.

In dem Urteil von 2015 hatte der EuGH darauf gedrungen, dass Italien
Mehrwertsteuerbetrug zu Lasten der Europäischen Union wirksam
verfolgt. Denn ein Teil der Mehrwertsteuereinnahmen stehen der EU zu.
Dafür sollten, wenn nötig, italienische Verjährungsfristen außer
Acht gelassen werden. Der EuGH schloss dies aus einer Klausel des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Der italienische Verfassungsgerichtshof sah darin aber einen
möglichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit in der
italienischen Verfassung und bat die Luxemburger Richter um
Klarstellung. Gleichzeitig erklärte der Verfassungsgerichtshof,
sollte der EuGH bei den Vorgaben von 2015 bleiben, stehe die
Anwendung des EU-Vertrags von Lissabon in Italien teilweise in Frage.
Das hätte auch auf EU-Ebene einen Grundsatzstreit auslösen können.

Der EuGH stellte in seinem neuen Urteil fest, dass der Grundsatz der
Gesetzmäßigkeit nicht nur in den Mitgliedsstaaten, sondern auch in
der Rechtsordnung der EU grundlegende Bedeutung habe. Die in den
EU-Verträgen festgelegte Pflicht zum Schutz finanzieller Interessen
der EU dürfe dem nicht zuwiderlaufen. Italienische Gerichte müssen
demnach die Vorgaben aus dem Urteil von 2015 nicht anwenden, wenn
diese den Grundsatz verletzen würden. (Aktenzeichen: C-42/17)