Polnisches Parlament verabschiedet umstrittene Justizreform

08.12.2017 16:02

Warschau (dpa) - Trotz scharfer Kritik des Europarates hat das
polnische Unterhaus am Freitag zwei von Präsident Andrzej Duda
vorgelegte Gesetzentwürfe zur Justizreform gebilligt. Abgeordnete der
Opposition und der größte Richterbund des Landes, Iustitia, warfen
der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit
(PiS) vor, die Justiz unter ihre Kontrolle bringen zu wollen.

Die sogenannte Venedig-Kommission des Europarates veröffentlichte am
Freitag eine Stellungnahme, in der sie warnte, dass die Reform die
Unabhängigkeit der polnischen Justiz «einer ernsthaften
Gefahr» aussetze. Die Änderungen des Präsidenten hätten nur «se
hr
begrenzte Verbesserungen» gegenüber den ursprünglichen
Entwürfen gebracht.  

Bereits im Juli hatte die PiS drei Gesetze verabschiedet, die das
Justizsystem reformieren sollten. Präsident Duda stoppte nach
Protesten im ganzen Land zwei der drei Gesetze per Veto, weil er
Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit hatte. Doch auch seine
Gegenentwürfe, über die am Freitag abgestimmt wurde, stellten
Rechtsexperten und Opposition nicht zufrieden.

Die Sorge vor staatlichem Einfluss auf die Rechtssprechung in Polen
treibt auch die EU-Kommission weiter um. Dudas Gesetze würden nicht
den EU-Standards entsprechen, hatte Vize-Kommissionspräsident Frans
Timmermans nach vorläufiger Prüfung der Reformen gesagt.

Beide Gesetze müssen noch von der zweiten Kammer des Parlaments, dem
Senat, angenommen und vom Präsidenten unterschrieben werden. Beides
gilt als sehr wahrscheinlich.