Von Aalen und Quoten - EU-Minister beschließen Fischfang für 2018 Von Alkimos Sartoros, dpa

13.12.2017 09:51

Naturschutzbelange gegen Fischfanginteressen: Die jährlichen
Verhandlungen zu erlaubten Fischfangmengen in der Nordsee und dem
Atlantik sind stets ein knallhartes Ringen. Diesmal sorgte noch ein
ganz besonderer Fisch für Ärger.

Brüssel (dpa) - Kabeljau, Hering, Seelachs: Jahr für Jahr ziehen
Europas Fischer viele Tausend Tonnen Fisch aus der Nordsee und dem
Atlantik. Umweltschützer und Wissenschaftler warnen, dass etliche
Fischbestände überfischt und bedroht sind. Für die
Nahrungsmittelindustrie stehen allerdings Arbeitsplätze auf dem Spiel
- und die Lust auf Fisch auf unseren Tellern wird auch nicht
geringer. Die EU-Fischereiminister hatten dies alles im Hinterkopf,
als sie am Mittwochmorgen in Brüssel nach fast 24-stündigen
Gesprächen über die Fischfangquoten für 2018 entschieden. Ein
Überblick:

Was sind Fischfangquoten?

Mit den sogenannten zulässigen Gesamtfangmengen (TAC - Total
Allowable Catches) legt die EU fest, wie viel Fisch in einem
bestimmten Jahr gefangen werden darf. Gerechnet wird dabei in der
Regel in Tonnen. Die Obergrenzen gelten dann für einzelne
Fischbestände - das heißt für jeweils eine Fischart in einem
bestimmten Meeresabschnitt. Auf die EU-Staaten entfallen dann anhand
der Gesamtfangmengen nationale Quoten. Wenn das in einer Quote
erlaubte Kontingent ausgeschöpft wurde, muss das jeweilige Land
seinen Fischfang dort vorübergehend einstellen.

Wer bestimmt die Quoten?

Die EU-Kommission schlägt auf der Grundlage von wissenschaftlichen
Empfehlungen den EU-Ländern konkrete Fangmengen vor. Die Entscheidung
treffen dann letztlich die Fachminister der EU-Staaten. Vor allem
Länder mit großen Fangflotten wie Frankreich oder Spanien, aber auch
Italien kämpfen dabei meist für höhere Quoten. Bei Beständen, die
gemeinsam befischt werden, stimmt sich die EU zudem mit anderen
Ländern wie etwa Norwegen ab.

Was haben die EU-Fischereiminister nun entschieden?

53 Bestände in der Nordsee und im Atlantik sollen im kommenden Jahr
nachhaltig befischt werden. Das heißt, dass nicht mehr Fische
gefangen werden sollen, als die existierenden Bestände verkraften
können. Bei für die deutschen Fischer wichtigen Fischarten erhöhen
sich einige Höchstfangmengen. So ist für Kabeljau etwa ein Plus von
10 Prozent auf 4645 Tonnen vorgesehen. Beim Hering gibt es ein Plus
von 10 Prozent. Einschränkungen gibt es hingegen bei der Scholle
(minus 13 Prozent; 6044 Tonnen).

Gab es abgesehen von Höchstfangmengen noch weitere Entscheidungen?

Ja. Die Minister nahmen in diesem Jahr zusätzlich den Aal in den
Blick. Der Aal ist in Europa eine bedrohte Fischart. Für ihn gibt es
allerdings keine Quotenregelungen. Die EU-Kommission hatte zunächst
ein Fangverbot für die Ostsee vorgeschlagen, damit sich die
angeschlagenen Bestände erholen können. Die Staaten hatten dem aber
nicht zugestimmt und stattdessen im Oktober eine EU-weite Lösung
gefordert.

Die Brüsseler Behörde legte daraufhin einen Entwurf für ein
umfassendes Aalfang-Verbot in Ostsee, Nordsee und dem europäischen
Atlantikgebiet für 2018 vor. Auch damit konnte sie sich nicht
durchsetzen. Im Endeffekt verständigten sich die EU-Minister auf eine
dreimonatige Schonzeit, die die Staaten zwischen Ende September 2018
und Ende Januar 2019 legen können.

Ist der Aalfang schuld an der schlechten Situation?

Experten zufolge ist die Zahl der in Europa vorkommenden Aale wegen
einer Vielzahl an Faktoren deutlich zurückgegangen. Der bis zu 80
Zentimeter lange Fisch schwimmt im Laufe seines Lebens Tausende von
Kilometern durch den Atlantik und wechselt vom Salz- ins Süß- und
zurück ins Salzwasser. Als mögliche Gründe für die Bestandsrückg
änge
gelten etwa auch die Klimaveränderung und damit verbundene Faktoren
wie geänderte Strömungen. Die Aale, die es in die Flüsse schaffen,
müssen zudem Kraftwerken oder chemischen Belastungen trotzen.

Der Internationale Rat für Meeresforschung empfiehlt seit langem, die
Sterblichkeit von Aalen im gesamten Verbreitungsgebiet zu senken.

Was sagen Umweltschützer?

Naturschützern gehen die Maßnahmen nicht weit genug. «Mit einem
Fangverbots-Intermezzo kann man keine Tierart retten, Artenschutz mit
Verfallsdatum funktioniert nicht», sagte etwa Stella Nemecky vom WWF
mit Blick auf den Aal. «Die Schließung ist eine sinnvolle erste
Maßnahme, müsste aber dauerhaft gelten.» Die höheren Fangmengen f
ür
einige Fischarten vor allem in der Nordsee sieht sie zudem kritisch.
«Die Fangmengen für Kabeljau, Wittling und Scholle liegen ein Viertel
über den wissenschaftlichen Empfehlungen. So bleibt eine
umweltverträgliche Nordseefischerei eine Fata Morgana.»