EU beharrt auf erster Brexit-Einigung - Absicherung von Bürgerrechten

13.12.2017 12:40

Der Auftakt der Brexit-Verhandlungen war mühsam und nicht gerade
vertrauensbildend. Die EU wartet nun gespannt, wie Theresa May die
Quadratur des Kreises schaffen will: Raus aus dem Binnenmarkt, aber
ohne neue Grenzen - und doch irgendwie drin.

Straßburg (dpa) - Die Europäische Union warnt die britische Regierung
davor, die ersten Ergebnisse der Brexit-Verhandlungen wieder in Frage
zu stellen. Dies sagte der EU-Chefunterhändler für den britischen
Austritt aus der Europäischen Union, Michel Barnier, am Mittwoch vor
dem Europaparlament in Straßburg. «Wir werden keine Infragestellung
dieses Berichts dulden», betonte er unter Hinweis auf ein Papier, das
nach schwierigen Verhandlungen am Freitag von EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker und der britischen Regierungschefin Theresa May
gebilligt worden war.

«Diese Fortschritte sind jetzt registriert. Sie müssen dann
Niederschlag finden in einem rechtlich verbindlichen
Austrittsabkommen», sagte Barnier. Er reagierte damit auf Äußerungen

des britischen Brexit-Minister David Davis, wonach es sich bei der
Vereinbarung nur um bloße Absichtsbekundungen handele und nicht um
rechtliche Verpflichtungen. Ohne ein Handelsabkommen mit der
Europäischen Union werde Großbritannien seinen finanziellen
Verpflichtungen aus der zu Ende gehenden EU-Mitgliedschaft nicht
nachkommen, sagte Davis.

An diesem Donnerstag sollen die Staats- und Regierungschefs der EU
bei einem Gipfeltreffen in Brüssel die Vereinbarung absegnen und
damit grünes Licht für die zweite Phase der Verhandlungen geben.

Zahlreiche EU-Abgeordnete forderten Barnier und die EU-Kommission
auf, in den Verhandlungen mit London vor allem die künftigen Rechte
der 4,5 Millionen EU-Bürger in Großbritannien und der Briten in der
EU zu wahren. Zugleich versicherten sie Irland ihrer Solidarität. Auf
der irischen Insel dürften die Rechte der Bürger auf beiden Seiten
der Grenze zwischen zu Nordirland nicht eingeschränkt werden.

«Wir sind alle Iren», formulierte der Vorsitzende der
christdemokratischen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU). «Wir
appellieren an die britische Regierungschefin, bis Donnerstag
klarzustellen, dass dieses Ergebnis der ersten Phase verbindlich ist
für beide Seiten und die Grundlage für Gespräche über die zweite
Phase.» Der Chef der sozialdemokratischen S&D-Fraktion, Gianni
Pittella, sagte: «Viele sagen, Europa sei sehr schwach. Aber Europa
hat sich hier wieder als eine Union erwiesen, die ihre Bürger
schützt.» Das Ergebnis der ersten Brexit-Runde sei sehr gut.

«May hat fast überall nachgegeben», sagte Nigel Farage, der als
Spitzenmann der Partei UKIP den britischen Austritt aus der EU
maßgeblich eingeleitet hatte. Barnier habe keine großen
Zugeständnisse machen müssen, höhnte er: «Das braucht er auch nicht
.
Denn er war ja gegen Theresa May angetreten.» Dass London noch einmal
40 Milliarden Pfund zahlen solle, um auszutreten, sich aber weiterhin
an EU-Vorschriften halten und Einwanderung akzeptieren müsse, sei
«eine absurde Rechnung». Er fügte hinzu: «Ich kann mir vorstellen,

dass die vielen Millionen, die für den Brexit gestimmt haben, immer
frustrierter sind und inzwischen echten Zorn spüren.»

Das britische Infragestellen der Ergebnisse der ersten
Verhandlungsrunde werfe Fragen hinsichtlich der Verlässlichkeit der
Briten auf, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ska Keller: «Wie
sieht es aus mit den Absprachen, die wir mit diesen Partnern treffen?
Wie sieht es aus mit den Verabredungen über künftige Beziehungen?»
Ebenso wie Keller forderte auch der Chef der liberalen Fraktion
(ALDE), Guy Verhofstadt, Irland dürfe «keine negativen Folgen» des
Brexit spüren. Wichtig sei, dass Aufenthaltsrechte in Großbritannien
auch für künftige Partner von EU-Bürgern gelten und dass die
Erlaubnisverfahren einfach seien.