Regierung in Tschechien steht - stabile Mehrheit aber nicht in Sicht

13.12.2017 15:51

Die neue tschechische Regierung hat nur eine Farbe - es ist das Blau
der Protestbewegung ANO, zu Deutsch Ja. Doch eine Mehrheit im
Parlament dürfte schwer zu finden sein. Parteichef Babis stört sich
daran nicht.

Prag (dpa) - Knapp zwei Monate nach seinem Wahlsieg hat Tschechiens
liberal-populistischer Ministerpräsident Andrej Babis seine neue
Regierung vorgestellt. Präsident Milos Zeman vereidigte die 14
Minister des Minderheitskabinetts am Mittwoch in einer feierlichen
Zeremonie in seinem Amtssitz, der Prager Burg.

Offen bleibt, wie Babis das Vertrauen des Parlaments gewinnen will.
Allein kommt die Protestbewegung ANO des Multimilliardärs und
Medienbesitzers nur auf 78 der 200 Abgeordnetensitze. «Wir werden auf
keine Duldung oder Unterstützung warten, sondern arbeiten - und wir
beginnen mit der Arbeit sofort heute», sagte Babis im Rundfunk.

Vor dem an diesem Donnerstag in Brüssel beginnenden EU-Gipfel
kündigte Babis ein «aktiveres» Auftreten seines Landes an. «Wir
müssen für die Sicherheit unserer Leute, für die Sicherheit Europas
und - mit allen Mitteln - gegen die illegale Migration kämpfen»,
sagte der 63-Jährige. Wegen Nichterfüllung der Flüchtlingsquoten
klagt die EU-Kommission gegen Tschechien, Ungarn und Polen.

Babis hat 30 Tage Zeit, um im Parlament die Vertrauensfrage zu
stellen. Als Termin dafür kündigte er nun den 10. Januar an - zwei
Tage vor der ersten Runde der tschechischen Präsidentenwahl. Bei der
Wahl der Ausschüsse hatten sich die ANO-Partei, die orthodoxen
Kommunisten und die rechtsradikale SPD des Unternehmers Tomio Okamura
gegenseitig unterstützt. Ob diese Formation weiter Bestand haben
wird, ist bei Politologen umstritten.

«Es nicht wahr, dass dies eine Regierung für einen Winter ist», sagte

Präsident Zeman. Er werde Babis, falls nötig, eine zweite Chance zur
Regierungsbildung geben. Die etablierten Parteien zögern, weil Babis
wegen mutmaßlichen Subventionsbetrugs Ermittlungen drohen. Allerdings
weicht der Widerstand langsam auf.

Babis ist Gründer eines Firmenimperiums mit mehr als 250 Unternehmen
aus der Nahrungsmittel- und Chemieindustrie sowie der Land- und
Forstwirtschaft. Die Aktivitäten sind in der Agrofert-Holding
zusammengefasst und werden treuhänderisch verwaltet. «Es ist eine
Regierung von Agrofert», kritisierte Daniel Kaiser vom
Nachrichtenportal Echo24. Die neuen Minister seien Babis gegenüber
loyal. «Es sind seine Leute.»