Cavusoglu: Nicht glücklich über fehlende Anklage gegen Deniz Yücel

01.01.2018 06:30

Ankara (dpa) - Die türkische Regierung hofft nach den Worten von
Außenminister Mevlüt Cavusoglu auf ein baldiges Verfahren gegen den
seit mehr als zehn Monaten inhaftierten «Welt»-Korrespondenten Deniz
Yücel. «Auch ich bin nicht sehr glücklich darüber, dass es noch imm
er
keine Anklage gibt», sagte Cavusoglu der Deutschen Presse-Agentur in
Ankara. «Aber wir können die Justiz nur dazu ermutigen, den Prozess
zu beschleunigen. Das haben wir bereits getan. Aber sie sagen uns,
dass es eine sehr komplexe Situation ist und dass die Ermittlungen
noch andauern. Deswegen dauert es einige Zeit. Aber das ist nichts
Persönliches.» Die Vorwürfe gegen Yücel seien «sehr ernst».

Yücel sitzt seit Februar wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft
und hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in
Straßburg Beschwerde eingelegt. Cavusoglu sagte auf die Frage, ob die
Türkei Yücel freilassen würde, sollte der EGMR eine solche
Entscheidung fällen: «Das liegt natürlich an der Justiz, aber wir
haben die Entscheidungen des Gerichts in Straßburg immer umgesetzt.»
Er erwarte daher «natürlich» auch eine Umsetzung im Fall Yücel.

Die Bundesregierung fordert die Freilassung Yücels und anderer
Deutscher, weil diese aus Sicht Berlins aus politischen Gründen in
der Türkei inhaftiert sind. Cavusoglu wies das zurück. «Wir haben der

deutschen Regierung gesagt, dass das nicht wahr ist», betonte er.
«Warum sollten wir diese Menschen ins Gefängnis stecken? Um etwas von
Deutschland zu bekommen? Nein.» Dass Bundesaußenminister Sigmar
Gabriel in dem Zusammenhang von «Geiseln» gesprochen hatte, sei
«falsche, populistische Terminologie vor einer Wahl» gewesen.

Cavusoglu kritisierte die Bedeutung, die dem Fall Yücel in
Deutschland beigemessen wird. «Wer auch immer in der Türkei
inhaftiert wird oder dort Probleme hat, wird in Deutschland zum
Helden. Warum? Ist Deutschland der größte Verteidiger der
Menschenrechte in der Welt? Nein. Ich kann Ihnen Tausende Beispiele
von Menschenrechtsverletzungen in Deutschland geben.»