Ende der Griechenland-Rettung: Letztes Paket steht

22.06.2018 02:57

Es hat dann doch viel länger gedauert als gedacht. Doch in einer
weiteren Nachtsitzung starten die Euro-Finanzminister die letzte
Etappe der Griechenland-Rettung. Die Erleichterung ist groß.

Luxemburg (dpa) - Die Griechenland-Rettung geht nach acht Jahren zu
Ende. Das hoch verschuldete Krisenland bekommt zum Abschluss noch
einmal frische Milliardenkredite und Schuldenerleichterungen und soll
ab August dann finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen. Dies
vereinbarten Deutschland und die übrigen Euroländer in der Nacht zum
Freitag mit der Regierung in Athen. Die Beteiligten feierten diesen
letzten großen Kraftakt als historischen Erfolg.

«Die griechische Krise ist heute Abend vorbei», sagte
EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici. Der griechische Finanzminister
Euklid Tsakalotos betonte, die griechische Regierung sei zufrieden
mit der Vereinbarung. «Aber die Regierung vergisst nicht und wird
niemals vergessen, was das griechische Volk in diesen acht Jahren
durchmachen musste.» Eurogruppen-Chef Mario Centeno meinte: «Es ist
geschafft: Wir haben nach dieser langen und schwierigen Anpassung
eine sanfte Landung hinbekommen.»

Konkret soll Griechenland noch eine letzte Tranche von 15 Milliarden
Euro aus dem seit 2015 laufenden dritten Rettungsprogramm bekommen
und mit einem Finanzpolster in die Zeit starten, wo es sich wieder am
Kapitalmarkt finanzieren muss. Flankiert wird dies mit mehreren
Maßnahmen zur Schuldenerleichterung. So sollen Zins- und
Rückzahlungen älterer Kredite zehn Jahre später beginnen als
ursprünglich geplant. Außerdem soll Griechenland wieder Zinsgewinne
der Europartner gutgeschrieben bekommen.

Das hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Zuge der
Verhandlungen bereits in Aussicht gestellt. Allein Deutschland hat
seit 2010 mindestens 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen
eingestrichen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung an die
Grünen hervorgeht.

Moscovici nannte das Gesamtpaket glaubwürdig, um die Schuldenlast des
Krisenlandes spürbar zu erleichtern und ihm finanzielle
Selbstständigkeit zu erlauben, aber gleichzeitig auch Partner und
Investoren Sicherheit zu geben. Im Gegenzug für die Hilfen akzeptiert
Griechenland regelmäßige Überprüfungen, dass es auf Spar- und
Reformkurs bleibt.

Das im Sommer 2015 aufgelegte dritte Rettungsprogramm im Umfang von
bis zu 86 Milliarden Euro läuft regulär im August aus. Bisher erhielt
das Land daraus vergünstigte Kredite von knapp 50 Milliarden Euro.
Anders als ursprünglich geplant und dem Bundestag zugesichert,
beteiligt sich der Internationale Währungsfonds an dem Programm doch
nicht mehr finanziell. Der Aufwand wäre für eine anvisierte Summe von
1,6 Milliarden Euro zu groß gewesen, hieß es. An früheren Krediten
und an der Programmaufsicht ist der IWF aber beteiligt.

Griechenland war seit 2010 auf Unterstützung der europäischen Partner
und des IWF angewiesen. Als Gegenleistung für vergünstigte Kredite in
Höhe von knapp 274 Milliarden Euro musste das Land Sparprogramme und
Strukturreformen auflegen. Nach Angaben der EU-Kommission wurden
allein in den vergangenen drei Jahren 450 Einzelmaßnahmen
durchgesetzt.

Inzwischen verzeichnet Griechenland wieder Wirtschaftswachstum und
Haushaltsüberschüsse. Doch ist immer noch jeder Fünfte arbeitslos,
und die staatliche Verschuldung liegt bei etwa 180 Prozent der
Wirtschaftsleistung.

Scholz und andere Finanzminister würdigten die großen Anstrengungen
und Fortschritte des Landes in den vergangenen Jahren. Noch 2015
schien Griechenland auf dem Höhepunkt der Krise kurz vor dem
Ausscheiden aus der Gemeinschaftswährung. EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker schrieb in der Nacht auf Twitter: «Ich werde
immer dafür kämpfen, dass Griechenland im Herzen Europas bleibt. Ich
zolle den Griechen Tribut für ihre Widerstandsfähigkeit und ihre
Unterstützung für Europa. Ihre Mühen waren nicht vergeblich.»

Neben den Griechenland-Hilfen besprachen Scholz und seine Kollegen in
Luxemburg auch die geplanten Reformen der Eurozone und die
Fortentwicklung der Bankenunion. Die Debatte sollte den EU-Gipfel in
einer Woche vorbereiten. Konkrete Beschlüsse gab es aber nicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel
Macron hatten sich diese Woche in Meseberg auf Eckpunkte verständigt.
Scholz verteidigte die deutsch-französischen Pläne vor der Sitzung
noch einmal gegen Kritik, auch vom Koalitionspartner CSU. Der
französische Minister Bruno Le Maire sprach von einem Durchbruch:
Erstmals seien sich Deutschland und Frankreich einig über die
Notwendigkeit eines eigenen Budgets für die Eurozone.