EU-Zölle auf US-Produkte in Kraft - Trump droht mit Eskalation

22.06.2018 19:13

Donald Trump ließ sich durch alle diplomatischen Bemühungen der EU
nicht beirren. Jetzt kommt im Handelsstreit mit den Vereinigten
Staaten der europäische Gegenschlag. Umgehend twitterte der
US-Präsident zurück.

Brüssel (dpa) - Mit zusätzlichen Zöllen auf amerikanische Produkte
wie Whiskey, Jeans, Motorräder und Erdnussbutter hat die EU im
Handelsstreit mit den USA zurückgeschlagen. Die Vergeltungszölle von

25 Prozent sind am Freitag in Kraft getreten. Europäische Verbraucher
müssen mit Preiserhöhungen bei einigen Produkten rechnen.

US-Präsident Donald Trump reagierte prompt und drohte europäischen
Autoherstellern erneut mit Sonderzöllen. Die Europäische Union
belange die USA, ihre Firmen und Arbeiter seit langem mit Zöllen und
anderen Handelshemmnissen. «Wenn diese Zölle und Barrieren nicht bald
eingerissen und beseitigt werden, werden wir 20 Prozent Zoll auf alle
ihre Autos erheben, die in die USA kommen», schrieb Trump auf
Twitter. «Baut sie hier!», fügte er hinzu.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte, die USA seien ein
wichtiger Exportmarkt, aber auch eine starke Produktionsbasis. Die
deutsche Autoindustrie produziere in Nordamerika mehr als 800 000
Fahrzeuge im Jahr und beschäftige 116 500 Menschen, sagte
VDA-Präsident Bernhard Mattes dem Wirtschaftsnachrichtenportal
«Business Insider». Trotz der derzeit schwierigen Lage müsse man mit

den USA im Gespräch bleiben, um die bestehenden Probleme zu lösen.
«Ein WTO-konformes transatlantisches Abkommen, das Industriezölle
umfasst, könnte dafür ein möglicher Weg sein.»

Die Europäische Union hatte ihrerseits auf die von Trump verhängten
Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte reagiert. Bei Importen
aus Europa werden in den USA seit Anfang Juli Zölle in Höhe von 25
Prozent bei Stahl und von 10 Prozent bei Aluminium fällig. Zahlreiche
Länder halten die Zölle für nicht vereinbar mit den Regeln der
Welthandelsorganisation WTO.

Die EU-Zusatzzölle sollen nun in einem ersten Schritt auf jährliche
US-Importe im Gegenwert von 2,8 Milliarden Euro erhoben werden. «Wir
wollten nicht in diese Lage kommen», betonte EU-Handelskommissarin
Cecilia Malmström am Mittwoch. Wegen der einseitigen Entscheidung der
USA bleibe der EU aber keine andere Wahl. Wenn die USA ihre Zölle
zurücknehmen, fielen auch die EU-Maßnahmen weg. Die EU hatte lange
durch Gespräche auf allen Ebenen versucht, die Sonderabgaben auf
Stahl und Aluminium zu verhindern.

Verbraucher in Deutschland könnten die neuen Zölle auf US-Produkte
nach Einschätzung der Außenhandelsvereinigung des deutschen
Einzelhandels zumindest teilweise schnell zu spüren bekommen.
«Im Lebensmittelbereich könnten höhere Preise schon bald spürbar

sein, weil hier die Margen besonders gering sind. Bei der Mode wegen
der langfristig vereinbarten Kollektionen etwas später», sagte
AVE-Präsident Matthias Händle der Deutschen Presse-Agentur.

Nach seiner Einschätzung haben die Verbraucher allerdings noch eine
Atempause, bis die Zölle auf die Endkundenpreise durchschlagen. «Es
ist unwahrscheinlich, dass wir sofort höhere Preise sehen werden. Zum
einen liegen Waren bereits in den Lagern. Zum anderen verhindert der
harte Wettbewerb im deutschen Handel, dass höhere Importkosten eins
zu eins an die Verbraucher weitergereicht werden», erklärte Händle.


Die Planungen der EU-Kommission gehen noch weiter. In einem zweiten
Schritt geht es demnach um US-Importe im Wert von weiteren 3,6
Milliarden Euro. Die Vergeltungszölle sind so konzipiert, dass sie in
etwa den Schaden ausgleichen würden, der der EU durch die US-Zölle
entstehen dürfte.

Das Zwei-Stufen-Prinzip gilt, weil die neuen US-Sonderzölle in zwei
Kategorien eingeteilt werden können. Zum einen gibt es neue Abgaben
auf Produkte, die zuletzt gar nicht verstärkt in die USA exportiert
wurden, zum anderen auf solche Produkte, die zuletzt verstärkt in die
USA gingen.

Die Zölle auf die zweite Kategorie will die EU zunächst noch
offiziell bei der WTO anfechten, bevor sie die mit Vergeltungszöllen
ausgleicht. Eventuell würden sie damit erst in drei Jahren kommen.
Kanada und die EU reichten bereits Klage gegen die US-Sonderzölle bei
der WTO ein.

Deutschland setzt weiter auf eine Beilegung des Konflikts. «Wir
hoffen, dass diese klare Reaktion der EU dazu führt, dass auf allen
Seiten schnell Vernunft und Sachlichkeit sich durchsetzen und man
dann gemeinsam in Gesprächen nach Lösungen suchen kann», sagte eine
Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.

Das Ministerium rechnet damit, dass deutsche Firmen von möglichen
Zoll-Ausnahmen in den USA profitieren könnten. Die Sprecherin verwies
darauf, dass das US-Handelsministerium 32 Anträge für sieben
Unternehmen genehmigt habe, darunter auch für Stahl aus Deutschland.
Es sei von weiteren Anträgen auszugehen, da es ein Interesse von
US-Firmen an Spezialstahl aus Deutschland geben dürfte.

Die US-Zölle wirken sich auch auf die Wachstumsprognose des
Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Eurozone aus. Die
Prognose werde wegen derlei Risiken gesenkt, kündigte IWF-Chefin
Christine Lagarde an. «Der direkte Einfluss solcher Zollerhöhungen
ist minimal, aber der Einfluss auf das Vertrauen und das Risiko einer
Eskalation sind erheblich.»

Wegen der Einführung von Strafzöllen stehen die USA derzeit auch mit
anderen Ländern im Handelsstreit. Vergangene Woche hatte Trump
zusätzliche Strafzölle von 25 Prozent auf 1102 Produkte aus China im
Wert von 50 Milliarden US-Dollar (42,7 Mrd Euro) verhängt. Peking
brachte daraufhin Vergeltungszölle auf US-Waren im Wert von ebenfalls
50 Milliarden Dollar auf den Weg. Auch Russland kündigte Zusatzzölle
auf Importe aus den USA an, Indien zog am Donnerstag nach.