Große Demonstration für zweites Brexit-Referendum

20.10.2018 04:15

Schon in etwa fünf Monaten will Großbritannien die EU verlassen. Mit
einem großen Protestzug mitten durch London kämpft die Kampagne
«People's Vote» nun für ein zweites Brexit-Referendum.

London (dpa) - Mehr als 100 000 Teilnehmer erwarten die Veranstalter
einer Anti-Brexit-Demonstration am Samstag in London. Die Kampagne
«People's Vote» fordert ein zweites Referendum zum EU-Austritt. Die
Bürger sollen demnach das Recht erhalten, über ein finales Abkommen
abzustimmen. Die Teilnehmer des Protestzuges versammeln sich gegen
Mittag im Zentrum der britischen Hauptstadt und wollen vor das
Parlament ziehen.

Bei einem Referendum im Juni 2016 hatte eine knappe Mehrheit (52
Prozent) der Briten für den Brexit gestimmt. Großbritannien will Ende
März 2019 die Europäische Union verlassen; die Verhandlungen mit
Brüssel stocken aber.

Premierministerin Theresa May steht deshalb auch in ihrer eigenen
Partei enorm unter Druck. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass
sich London ohne Abkommen von der Staatengemeinschaft trennt.
Forderungen nach einem zweiten Referendum wies May zurück.

Bereits im vergangenen Juni hatte «Peoples Vote» einen ähnlichen
Marsch mit Zehntausenden Teilnehmern veranstaltet. Die Organisation
setzt sich aus verschiedenen Gruppierungen zusammen. An der
Veranstaltung am Samstag sollen auch EU-freundliche Abgeordnete der
regierenden Konservativen wie Anna Soubry und Londons Bürgermeister
Sadiq Khan von der oppositionellen Labour-Partei teilnehmen.

Beim Referendum 2016 sei der EU-Austritt als «einfachster Deal in der
Geschichte» verkauft worden, teilten die Veranstalter mit. Inzwischen
wisse man, welche Kosten der Brexit verursache und welchen Einfluss
er etwa auf das Gesundheitssystem und die Arbeitnehmerrechte habe.

Die Brexit-Verhandlungen stocken vor allem wegen der Irland-Frage.
London und Brüssel wollen zwar Kontrollen und Schlagbäume an der
derzeit nahezu unsichtbaren Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und
dem britischen Nordirland vermeiden, damit in der fragilen
Ex-Bürgerkriegsregion nicht wieder Unruhen aufflammen. Sie konnten
sich aber bislang nicht auf eine praktikable Lösung einigen.

Um Zeit für eine dauerhafte Regelung zu gewinnen, brachte die EU nun
die Verlängerung der geplanten Übergangsphase nach dem EU-Austritt
ins Gespräch. Statt bis Ende 2020 könnte sie ein Jahr länger dauern.