Scholz bremst bei EU-Digitalsteuer

18.11.2018 03:58

Berlin (dpa) - Vor dem Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel
Macron in Berlin hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) der
raschen Einführung einer EU-Digitalsteuer eine Absage erteilt. Er
wolle zunächst bis Mitte 2020 im Rahmen der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Regeln zur
Mindestbesteuerung und zur Besteuerung der digitalen Unternehmen
vereinbaren, sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Sollte das wider Erwarten in den nächsten anderthalb Jahren nicht
klappen, muss die EU allein handeln und zum Januar 2021 in jedem
Falle entsprechende Regeln in der EU etablieren.» Die französische
Regierung wirft der Bundesregierung in der Frage ein Ausbremsen vor.
Auch die Grünen, die Linke und die SPD-Linke pochen vehement auf eine
Digitalsteuer, da viele Bürger das Abschöpfen der Gewinne dank ihrer
Daten für höchst ungerecht halten.

Macron ist anlässlich des Volkstrauertages und der gemeinsamen
Gedenkens an das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren am Sonntag
in Berlin. Bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am
Nachmittag dürfte es auch um die nächsten EU-Reformprojekte gehen.

Die OECD hat 36 Mitgliedstaaten, darunter die USA. Eine von Scholz
anvisierte Einigung auf der Ebene ist bisher unwahrscheinlich, da die
Digitalsteuer vor allem US-Internetriesen wie Amazon, Google und
Apple treffen würde.

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, für Firmen mit einem weltweiten
Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem
Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent
Umsatzsteuer zu verhängen. Digitalkonzerne verbuchen in Europa
riesige Umsätze und Gewinne, zahlen aber kaum Steuern, da sie in den
meisten Ländern keine versteuerbaren Firmensitze haben. Scholz
fürchtet aber Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung von Präsident
Donald Trump, etwa gegen deutsche Autokonzerne in den USA.