Rechtsgutachten zu Brexit-Deal verhärtet Fronten im Unterhaus

05.12.2018 17:02

Für Premierministerin Theresa May und ihren Brexit-Deal sieht es von
Tag zu Tag schlechter aus. Sie hat weniger als eine Woche, um die
Abgeordneten davon zu überzeugen, sonst droht das politische Chaos.

London (dpa) - Der Streit im britischen Parlament über das
Brexit-Abkommen hat erneut an Schärfe zugenommen. Die Regierung
musste am Mittwoch ein Rechtsgutachten von Generalstaatsanwalt
Geoffrey Cox zu dem Abkommen veröffentlichen, nachdem sie tags zuvor
mehrere Abstimmungsniederlagen im Parlament erlitten hatte.

Das Gutachten dürfte den Widerstand gegen das Abkommen weiter
verstärken. Darin wird ausgeführt, dass entweder Großbritannien als
Ganzes oder nur Nordirland möglicherweise auf unbestimmte Zeit in
einer Zollunion mit der EU bleiben müssten, sollte kein Abkommen über
das künftige Verhältnis zustande kommen. Beides wollen Abgeordnete im
britischen Parlament unbedingt verhindern.

Der Fraktionschef der nordirischen DUP, Nigel Dodds, bezeichnete das
Gutachten als «verheerend». Seine Partei habe keine andere Chance als

den Deal abzulehnen. «Die Premierministerin rennt gegen eine Wand»,
sagte Dodds in einem BBC-Interview.

Die Minderheitsregierung von Premierministerin Theresa May ist auf
die Unterstützung der DUP angewiesen. Auch rund 100 Abgeordnete ihrer
eigenen Fraktion haben bereits Widerstand angekündigt. Die Chancen
der Premierministerin, bei der Abstimmung am 11. Dezember eine
Mehrheit für ihren Deal zu bekommen, scheinen zunehmend zu schwinden.

Am Dienstag musste die Regierung noch vor dem Start der fünftägigen
Debatte gleich drei Schlappen im Parlament hinnehmen. Neben zwei
Niederlagen im Zusammenhang mit dem Rechtsgutachten des
Generalstaatsanwalts, verlor die Regierung auch eine Abstimmung über
das weitere Verfahren. Sollte der Deal kommende Woche durchfallen,
hätte das Parlament nun das Recht, das weitere Vorgehen
mitzugestalten.

Großbritannien wird die EU voraussichtlich am 29. März 2019
verlassen. Das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen sieht eine
Übergangsphase bis mindestens 2022 vor, in der zunächst alles beim
Alten bleibt und eine neue Beziehung ausgehandelt werden kann.

Sollte das Abkommen abgelehnt werden, droht politisches Chaos in
Großbritannien. Ein EU-Austritt ohne Abkommen mit drastischen Folgen
für die Wirtschaft und viele weitere Lebensbereiche kann dann nicht
ausgeschlossen werden. Auch eine Neuwahl oder ein zweites
Brexit-Referendum scheinen möglich.

Die Opposition fordert von May, den Brexit-Deal noch einmal neu zu
verhandeln. Doch das schließen sowohl die Regierung in London als
auch Brüssel aus. «Der einzige Weg, um ein Szenario ohne Abkommen zu
verhindern, ist den Deal zu akzeptieren», sagte May am Mittwoch im
Parlament.