Umstrittener UN-Migrationspakt wird angenommen - Merkel hält Rede

10.12.2018 00:45

Angela Merkel ist eines der bekanntesten Gesichter bei der
Verabschiedung des umstrittenen UN-Migrationspaktes. Ein Zeichen, wie
wichtig ihr die historische Vereinbarung ist. Die hitzigen Debatten
dürften trotzdem weitergehen - oder gerade deshalb.

Marrakesch (dpa) - Vertreter von mehr als 150 Nationen wollen am
Montag in Marokko nach Wochen hitziger Debatten den umstrittenen
UN-Migrationspakt annehmen. Bei der Konferenz in Marrakesch hält auch
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rede. Sie reiste neben
UN-Generalsekretär Antonio Guterres und einigen europäischen
Regierungschefs als prominentester Gast an. Merkel, die am Vorabend
noch den marokkanischen Ministerpräsidenten getroffen hatte, will
bereits gegen Mittag wieder nach Deutschland fliegen, wo in dieser
Woche der Bundestag zu seiner letzten Plenarwoche vor der
Weihnachtspause zusammenkommt.

Der UN-Migrationspakt ist die erste Vereinbarung zu globalen
Leitlinien der Migration. Auf seiner Basis soll die internationale
Zusammenarbeit verbessert werden, um stärker gegen illegale und
ungeordnete Migration vorzugehen und Migration sicherer für die
Menschen zu machen. Das Papier ist rechtlich nicht bindend und soll
seine Kraft - wie schon bei anderen Abkommen - über die politische
Absichtserklärung seiner Mitglieder entfalten. Es muss nach der
Annahme in Marrakesch noch von der UN-Generalversammlung im Januar
förmlich gebilligt werden.

Merkel wollte mit ihrer Reise nach Marrakesch unterstreichen, wie
wichtig der Pakt aus Sicht der Bundesregierung ist - zumal
Deutschland ein wichtiges Zielland für Migranten ist und ein
Interesse an der Bekämpfung illegaler Einreisen hat. Dass es der
Staatengemeinschaft zum ersten Mal gelungen ist, sich auf einen Pakt
für Migration zu verständigen, wird von der Kanzlerin als
Riesenfortschritt gesehen.

Obwohl das Dokument ausdrücklich die geltende Souveränität der
Mitgliedstaaten betont, fürchten einige Länder um ihre nationale
Entscheidungshoheit. Mehrere Regierungen haben das Papier schon im
Vorfeld abgelehnt - darunter jene in Ungarn, Österreich, Polen,
Tschechien, Bulgarien, Australien, der Slowakei und Israel. In
Belgien zerbrach im Streit über den Migrationspakt die Koalition.

In Deutschland hatte die AfD eine Debatte über das Thema entfacht.
Letztlich stellte sich der Bundestag mehrheitlich hinter die
Vereinbarung. Auch der CDU-Parteitag nahm einen Antrag des
Bundesvorstandes zum Migrationspakt mit großer Mehrheit an.

Die UN-Sonderbeauftragte für Migration und Generalsekretärin der
Konferenz, Louise Arbour, äußerte kurz vor Beginn der Tagung ihre
Enttäuschung über den Widerstand einiger Staaten: «Es ist besonders
bedauerlich, wenn sich ein Staat aus einem ausgehandelten Abkommen
zurückzieht, an dem er kurz zuvor aktiv teilgenommen hat.» Zudem sei
es erstaunlich, wie viele Falschinformationen über den Pakt im Umlauf
seien.

Bei ihrem Treffen mit dem marokkanischen Ministerpräsidenten Saad
Eddine El Othmani hatte Kanzlerin Merkel mit ihm auch über die
Migrationspolitik geredet. Merkel wollte mit Othmani zudem über
marokkanische Forderungen nach mehr europäischer Unterstützung beim
Umgang mit Migranten diskutieren. Ein wichtiger Punkt in den
bilateralen Beziehungen ist zurzeit auch die Rückführung abgelehnter
Asylbewerber aus Deutschland in das nordafrikanische Land.

Marokko hat in diesem Jahr Libyen als wichtigsten Abfahrtsort illegal
nach Europa übersetzender Migranten überholt. Von dort kamen rund 60
000 dieser Menschen nach Europa, die meisten gingen in Spanien an
Land.

Migranten sind nach der Definition der Internationalen Organisation
für Migration (IOM) alle Menschen, die ihren Wohnort verlassen - egal
aus welchen Gründen, egal wie lange und egal ob freiwillig oder
unfreiwillig. Die UN zählte 2017 weltweit 258 Millionen Migranten.
Parallel zum Migrationspakt haben die UN-Mitgliedstaaten einen
«Globalen Pakt für Flüchtlinge» erarbeitet. Er soll sicherstellen,

dass Flüchtlinge besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung
erhalten und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können.