EuGH urteilt über umstrittene EZB-Anleihekäufe

11.12.2018 04:00

Darf die Europäische Zentralbank Staatsanleihen in Milliardenhöhe
aufkaufen, um Konjunktur und Inflation anzuheizen? Der Europäische
Gerichtshof fällt nun ein richtungsweisendes Urteil.

Luxemburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof fällt am Dienstag (9.30
Uhr) ein mit Spannung erwartetes Urteil über die umstrittenen
Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank. Im Kern geht es darum, ob
die EZB ihr Mandat überzieht und unerlaubte Staatsfinanzierung
betreibt (Rechtssache C-493/17). Das Bundesverfassungsgericht hatte
den EuGH dabei um eine rechtliche Bewertung gebeten.

Die Zentralbank hatte zur Bewältigung der Eurokrise mehrere
Kaufprogramme für Wertpapiere aufgelegt, die das Ziel haben, Zinsen
zu drücken und Geld leichter verfügbar zu machen. Damit sollten die
Wirtschaft und die Inflation angekurbelt werden. Der EuGH hatte 2015
bereits grundsätzlich entschieden, dass der Ankauf von Staatsanleihen
zulässig ist.

Im aktuellen Rechtsstreit geht es um ein Teilprogramm namens PSPP zum
Erwerb von Wertpapieren des öffentlichen Sektors, das im März 2015
startete. Monat für Monat wurden dabei Staatsanleihen für
zweistellige Milliardenbeträge gekauft. Mittlerweile hat die EZB weit
mehr als zwei Billionen Euro investiert.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte den EuGH um eine
rechtliche Bewertung gebeten. Aus dessen Sicht könnte das Programm
das Mandat der EZB sowie Zuständigkeiten der EU-Staaten verletzen.
Die Kläger um die Euro-Kritiker Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel
kritisieren, dass die EZB durch das Kaufprogramm zum größten
Gläubiger der Euro-Staaten aufgestiegen sei. Aus ihrer Sicht
finanziert die EZB dadurch massiv die Staatsverschuldung.

Ein wichtiger Gutachter am EuGH hatte dieser Sichtweise jedoch
widersprochen. Ein Verstoß gegen das Mandat der EZB liege nicht vor,
befand er im Oktober. Das Programm verfolge vielmehr das
währungspolitische Ziel, die Deflationsgefahr abzuwenden. Damit ist
eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und schrumpfender
Wirtschaft gemeint.

Die EuGH-Richter müssen der Einschätzung des Gutachters nicht folgen,
in der Mehrzahl der Fälle tun sie es jedoch.