Die «Atombombe»: Artikel-7-Verfahren gegen Polen und Ungarn

10.01.2019 16:04

Brüssel (dpa) - Polen und Ungarn stehen in der Europäischen Union
besonders am Pranger: Wegen möglicher Verstöße gegen EU-Grundwerte
laufen gegen beide Staaten Strafverfahren nach Artikel 7 der
EU-Verträge. Gegen Polen startete die EU-Kommission das Verfahren im
Dezember 2017. Gegen Ungarn löste es das EU-Parlament im September
2018 aus. Hintergrund sind in beiden Fällen mutmaßliche
Einschränkungen des Rechtsstaats. Auch für Rumänien, das derzeit die

EU-Ratspräsidentschaft inne hat, fordern einige EU-Parlamentarier
einen solchen Schritt.

Das Artikel-7-Verfahren geht über übliche
Vertragsverletzungsverfahren weit hinaus: Es kann in letzter
Konsequenz zum Entzug von Stimmrechten im Ministerrat führen und wird
deshalb als «Atombombe» bezeichnet. Die Hürden sind allerdings hoch.

Der entscheidende Punkt: Alle anderen EU-Länder müssten einstimmig
feststellen, dass eine «schwerwiegende und anhaltende Verletzung» von
EU-Werten vorliegt. Erst danach können Stimmrechte ausgesetzt werden.

Sowohl bei Polen als auch bei Ungarn sind die Verfahren bisher im
Ministerrat kaum vorangekommen. Es gab lediglich Anhörungen.
Gleichzeitig versucht die EU-Kommission im Dialog und mit Klagen vor
dem Europäischen Gerichtshof, Polen und Ungarn zu Korrekturen der
kritisierten Reformen zu bewegen.