Junge Union verlangt Härte der EU bei Verstoß gegen Justiz und Presse

15.03.2019 04:45

Die Junge Union braucht einen neuen Chef - oder eine neue Chefin? Den
außerordentlichen Deutschlandtag nutzt sie wenige Wochen vor der
Europawahl auch, um europapolitische Pflöcke einzuschlagen.

Berlin (dpa) - Die Jungen Union (JU) hat die EU aufgefordert, ihre
harte Haltung gegen Polen, Ungarn sowie Rumänien bei Regelverstößen
gegen Justiz und Pressefreiheit beizubehalten. Sollten die drei
Mitgliedsstaaten ihren Kurs nicht ändern, seien angemessene
Rechtsverfahren einzuleiten, an deren «Ende die Suspendierung der
EU-Mitgliedschaft stehen kann», heißt es im Leitantrag des
JU-Bundesvorstands für den außerordentlichen Deutschlandtag der
Jugendorganisation von CDU und CSU an diesem Samstag in Berlin.

Nach dem Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, fordert
die JU in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die 2017 von 25
Mitgliedsstaaten initiierte ständige Zusammenarbeit «zeitnah zu einer
echten Europäischen Verteidigungsunion auszubauen und diese in die
Strukturen der Nato einzubinden». Die 1,5 Millionen Soldaten der
Mitgliedsstaaten sollten zu einer «schlagkräftigen Streitmacht»
zusammengeführt werden.

Eine solche Integration könne die Verteidigungsfähigkeit Europas aber
nur erhöhen, wenn der Einsatz dem Mehrheitsprinzip unterliege. «Der
Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr muss in
diesem Zusammenhang im Sinne von Vorratsbeschlüssen für
multinationale Einsatzkräfte und eines «Rückholrechtes» des
Bundestages reformiert werden.»

Mit Blick auf das Gezerre um die Modalitäten eines Austritts
Großbritanniens aus der EU warnte die JU Brüssel vor einem zu
weitgehenden Entgegenkommen. Dies berge die Gefahr eines
«Präzedenzfalles. Das Signal, Austritte könnten zu ausschließlich
vorteilhaften «Deals» führen, wäre fatal für den Zusammenhalt der

verbleibenden Mitgliedsstaaten.» Eine Fristverlängerung, die den
Status quo festschreibt, wäre in beiderseitigem Interesse, «solange
eine Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl ausgeschlossen ist».

Um das Gemeinschaftsgefühl in Europa zu stärken, plädiert die JU
dafür, den 9. Mai zum gemeinsamen Feiertag in allen Mitgliedsstaaten
zu machen. Ein solcher Tag ermögliche auf staatlicher, schulischer
und kultureller Ebene eine intensive Auseinandersetzung mit dem
europäischen Gedanken.

Am 9. Mai 1950 schlug der damalige französische Außenminister Robert
Schuman die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und
Stahl (EGKS) vor. Gründungsmitglieder waren Frankreich, Deutschland,
Italien, Niederlande, Belgien und Luxemburg. Daraus entwickelte sich
schließlich die heutige EU.

Der außerordentliche Deutschlandtag wurde nötig, weil die JU einen
neuen Vorsitz wählen muss, nachdem der bisherige Vorsitzende Paul
Ziemiak im Dezember neuer CDU-Generalsekretär wurde. Es zeichnet sich
eine Kampfkandidatur zwischen dem Chef des Unions-Nachwuchses in
Thüringen, Stefan Gruhner, und dem niedersächsischen JU-Vorsitzenden
Tilman Kuban ab. Die beiden Kandidaten im Kurzporträt:

Stefan Gruhner: Der Landtagsabgeordnete (34) gilt als Favorit bei der
Wahl - obwohl er Übergangskandidat ist, weil er schon in diesem
Herbst die JU-Altersgrenze von 35 Jahren erreicht. Laut JU-Satzung
dürfte er die komplette zweijährige Amtszeit Vorsitzender bleiben.
Gruhner sagt, seine Amtszeit werde kein Marathon, sondern ein
«Sprintvorsitz» sein. Er will die JU zum «stärkeren Stachel im
Fleisch der GroKo» machen und sich für mehr Generationengerechtigkeit
und Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Bildung einsetzen.

Angesichts der anstehenden Wahlen in Europa, in Bremen und im Osten
will er die «Abteilung Attacke gegen linke und rechte Populisten»
stärken und mit der JU Taktgeber bei der Erneuerung der Union sein.
«Es reicht nicht, dass der Tanker CDU einen neuen Kapitän und einen
neuen ersten Offizier hat. Wir brauchen mehr PS im Maschinenraum.»
Gruhner ist seit 2010 JU-Landeschef und seit 2014 Abgeordneter. 2013
und 2014 war er persönlicher Referent der damaligen
Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht. Seit 2017 ist das
Mitglied der Burschenschaft Teutonia Chef der Programmkommission der
Thüringer CDU.

Tilman Kuban: Der Jurist (31) ist seit drei Jahren Leiter der
Rechtsabteilung bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen. Kuban
kandidiert auf einem aussichtsreichen Listenplatz bei der Europawahl
Ende Mai und wäre bei einem Wahlerfolg der erste JU-Bundeschef im
Europaparlament in Straßburg. Er will mit der JU den Markenkern der
Union in den Bereichen Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit stärken
sowie sich für eine konsequente Abschiebung von ausländischen
Straftätern und ausreisepflichtigen Asylbewerbern einsetzen. Bei
Sicherheit, Verteidigung und Umweltschutz brauche es mehr europäische
Zusammenarbeit.

Kuban steht seit mehr als fünf Jahren an der JU-Spitze in
Niedersachsen. Er plädiert für eine stärkere Verbindung von Ökologi
e
und Ökonomie und will mehr dafür tun, dass Deutschland
Innovationsweltmeister bleibe. Zugleich fordert er die Abschaffung
der Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim. Kuban will ein
Deutschlandjahr einführen, in dem sich junge Menschen nach der Schule
für die Gesellschaft einbringen.