Brexit-Verschiebung kurz oder lang? - May hofft auf Ja für ihren Deal

15.03.2019 04:55

Der EU-Austritt soll verschoben werden. Wie lange, hängt davon ab, ob
Premierministerin Theresa May in der kommenden Woche im britischen
Parlament doch noch Erfolg mit ihrem Brexit-Deal hat.

London/Brüssel (dpa) - Nach dem Votum des britischen Parlaments für
eine Verschiebung des EU-Austritts hofft Premierministerin Theresa
May auf einen Erfolg für ihr Brexit-Abkommen im dritten Anlauf. Schon
kommende Woche sollen die Abgeordneten in London erneut über den Deal
abstimmen.

Zwei Mal war May krachend gescheitert. Nun setzt sie auf ein
Einknicken der Brexit-Hardliner in ihrer Partei und bei der
nordirisch-protestantischen DUP, auf die ihre Minderheitsregierung
angewiesen ist. May wird aber wohl auch Unterstützung aus der
Opposition brauchen.

Die Regierungschefin verknüpfte die Abstimmung über die Verschiebung
des EU-Austritts am Donnerstag indirekt mit einer Entscheidung über
ihr Brexit-Abkommen. Ihr zufolge sollen die Abgeordneten die Wahl
zwischen einer langen und einer kurzen Verschiebung haben.

Nur wenn die Abgeordneten bis spätestens kommenden Mittwoch - also
einen Tag vor dem EU-Gipfel - für ihren Deal stimmten, sei eine kurze
Verschiebung des Austritts bis zum 30. Juni möglich, betonte die
Regierungschefin. Jede längere Verschiebung mache eine Teilnahme
Großbritanniens an der Europawahl (23. bis 26. Mai) nötig. Das wollen
die Brexit-Hardliner aber unbedingt vermeiden. Denn je mehr Zeit bis
zum EU-Austritt vergeht, desto höher sind die Chancen, dass der
Brexit doch noch abgewendet wird.

Ein zweites Brexit-Referendum lehnte eine überwältigende Mehrheit der
Abgeordneten im Unterhaus am Donnerstag zwar ab. Doch das letzte Wort
scheint darüber noch nicht gesprochen. Vor allem, wenn Mays Abkommen
ein drittes Mal abgelehnt werden sollte, dürften die Rufe nach einer
zweiten Volksabstimmung wieder lauter werden.

Unklar ist, welche Position die EU zu den Aufschubplänen einnehmen
wird. Großbritannien kann den EU-Austritt nur mit Zustimmung aller 27
Mitgliedstaaten verschieben.

Ratspräsident Donald Tusk will in der Europäischen Union für einen
langen Aufschub des Brexits werben, wie er im Kurznachrichtendienst
Twitter ankündigte. Vor dem EU-Gipfel Ende nächster Woche «werde ich

an die EU27 appellieren, für eine lange Verlängerung offen zu sein,
wenn Großbritannien es für nötig hält, seine Brexit-Strategie zu
überdenken und Konsens herzustellen», schrieb Tusk.

Mit der Zustimmung Brüssels für eine Brexit-Verschiebung wird zwar
gerechnet. Allerdings gibt es auf EU-Seite noch keine einheitliche
Linie. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte sich zuletzt
für eine kurze Verschiebung ausgesprochen. Der Brexit solle vor der
Europawahl Ende Mai abgeschlossen sein, erklärte er.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert
Röttgen (CDU), sprach sich dafür aus, den britischen EU-Austritt
notfalls bis zum Jahresende aufzuschieben. «Für die Briten sollte es
eine einmalige großzügige Verlängerung für den Brexit geben», sag
te
Röttgen der «Rheinischen Post» (Freitag). «Wenn die Briten bis Ende

des Jahres benötigen, den Austritt aus der EU zu organisieren, dann
sollte die EU diese Frist gewähren.»

Die Junge Union (JU) warnte Brüssel davor, den Briten im Gezerre um
die Modalitäten des Austritts zu weit entgegenzukommen. Dies berge
die Gefahr eines «Präzedenzfalles. Das Signal, Austritte könnten zu
ausschließlich vorteilhaften «Deals» führen, wäre fatal für den

Zusammenhalt der verbleibenden Mitgliedsstaaten», heißt es in einem
Leitantrag der Jugendorganisation von CDU und CSU für ihren
außerordentlichen Deutschlandtag an diesem Samstag in Berlin.