Neues EU-Urheberrecht mit deutscher Zustimmung endgültig beschlossen

15.04.2019 16:25

Die Copyright-Reform kommt - allen Protesten zum Trotz.
Ausschlaggebend dafür ist auch die Haltung der Bundesregierung.
Berlin präsentiert sogleich die eigene Lesart der Richtlinie.

Luxemburg (dpa) - Die heftig umstrittene Reform des EU-Urheberrechts
ist endgültig beschlossen. In der letzten Abstimmung zu diesem Gesetz
stimmten die EU-Staaten dem Vorhaben am Montag mehrheitlich zu. Auch
die deutsche Bundesregierung votierte mit einem Ja - allerdings mit
Vorbehalten. Damit ist der Weg für die Reform nun frei. Zuvor hatte
das Europarlament das Vorhaben bereits gebilligt. Die EU-Länder haben
nun rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht
umzusetzen.

Nachdem es vor allem in Deutschland heftigen Protest gegen Artikel 13
der Reform (im finalen Text Artikel 17) gab, betonte die
Bundesregierung zuletzt, Uploadfilter sollten bei der Umsetzung
weitgehend vermieden werden. Gemeint sind Programme, die geschützte
Inhalte schon beim Hochladen ins Internet erkennen und aussortieren.
Kritiker fürchten, dass die Filter zu viel blocken und warnen vor
Zensur. Bis zum Sonntagabend arbeitete die Bundesregierung deshalb an
einer Zusatzerklärung, die die deutsche Lesart der Reform klarstellen
soll. «Ziel muss sein, dass Instrument «Uploadfilter» weitgehend
unnötig zu machen», heißt es darin.

Die Copyright-Reform soll das veraltete Urheberrecht in der EU ans
digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz
eine bessere Vergütung sichern. Mitte Februar hatten sich
Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten auf einen
Kompromiss geeinigt. Diesen hatte das Europaparlament Ende März
gebilligt. Die Zustimmung der EU-Staaten vom Montag ist nun der
letzte Schritt, damit die Reform in Kürze in Kraft treten kann.

Die Mehrheit war jedoch knapp. Hätte Deutschland sich enthalten oder
gegen das Vorhaben gestimmt, wäre es nicht zustande gekommen. Denn
die Niederlande, Luxemburg, Polen, Italien, Finnland und Schweden
stimmten dagegen. Belgien, Estland und Slowenien enthielten sich.

Die Bundesregierung reagierte hingegen mit der vierseitigen
Zusatzerklärung auf Protest. «Upload-Plattformen sollen auch künftig

als freie, unzensierte Kommunikationskanäle für die Zivilgesellschaft
zur Verfügung stehen», heißt es darin. Falls doch technische Lösung
en
eingesetzt werden, solle die EU die Entwicklung von frei zugänglichen
Technologien mit offenen Schnittstellen fördern. Zudem trifft die
fragliche Regelung aus Sicht der Bundesregierung nur auf mächtige
Plattformen wie YouTube oder Facebook zu. Man gehe davon aus, dass
eine EU-weit einheitliche Umsetzung vereinbart werde. Falls die neuen
Regeln doch die Meinungsfreiheit einschränken oder gegen EU-Recht
verstoßen sollten, müsse die Reform korrigiert werden.

Die Kritiker ließen sich von der deutschen Zusatzerklärung nicht
beeindrucken. FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf Twitter, die
große Koalition habe ihre letzte Chance, Uploadfilter zu verhindern,
nicht genutzt. Der Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, Sven
Giegold, kritisierte die Zusatzerklärung als «fragwürdige Kosmetik»
.
Und Piraten-Politikerin Julia Reda, die eine der schärfsten
Kritikerinnen des Vorhabens im Europaparlament war, sagte: «Das neue
Urheberrecht macht alle zu Verlierern.» EU-Kommissionschef
Jean-Claude Juncker bezeichnete die Reform auf Twitter hingegen als
fehlendes Puzzleteil des digitalen Binnenmarkts in der EU. Ähnlich
äußerte sich Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU).

Auch umstritten war Artikel 11 (im finalen Text Artikel 15), der ein
Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorsieht. Danach müssen
Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von
Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen. Hier sehen
Kritiker insbesondere für kleine Verlage Nachteile, die gegenüber
Google eine schwache Verhandlungsposition hätten. Zudem verweisen sie
auf Deutschland, wo es ein Leistungsschutzrecht schon seit 2013 gibt,
das aber nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage führt.
Die großen deutschen Verlegerverbände begrüßten die Reform jedoch.