Klimaneutral bis 2050: Merkel möchte sich EU-Initiative anschließen

14.05.2019 15:05

Die Demos von «Fridays for Future» setzen die Politik unter Druck,
die Folgen des Klimawandels werden spürbarer - das zeigt Wirkung. Vor
Vertretern aus aller Welt gibt die Kanzlerin ihrer Regierung einen
Arbeitsauftrag.

Berlin (dpa) - Unterm Strich keine klimaschädlichen Treibhausgase
mehr ab 2050: Bundeskanzlerin Angela Merkel will im Klimakabinett
einen Weg finden, das in Deutschland zu schaffen. «Die Diskussion
soll nicht heißen, ob wir es erreichen können, sondern wie können wir

es erreichen», sagte die CDU-Politikerin am Dienstag beim
internationalen Petersberger Klimadialog in Berlin. Das bedeute
nicht, dass gar keine Treibhausgase mehr ausgestoßen werden dürften,
sondern dass man den Ausstoß durch Aufforstung oder Speicherung
ausgleichen müsse.

Wenn das Klimakabinett eine «vernünftige Antwort» dafür finde, kö
nne
das Land sich der Initiative und Führung von Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron anschließen, die zum Ziel hat, die EU bis 2050
klimaneutral zu machen, sagte Merkel. Beim Petersberger Klimadialog
kamen am Montag und Dienstag Minister und Unterhändler aus rund 35
Staaten zu informellen Gesprächen in Berlin zusammen. Das Treffen
fand schon zum zehnten Mal statt. Zwischen den offiziellen
Weltklimagipfeln soll es die Verhandlungen voranbringen.

Vergangene Woche war Merkel von Klimaschützern heftig kritisiert
worden, weil sie sich unter Verweis auf Deutschlands Klimaschutzziele
Macrons Initiative zunächst nicht angeschlossen hatte. Deutschland
soll Stand jetzt bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoß um 80 bis 95
Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das Thema spielt Umfragen
zufolge eine wichtige Rolle bei der Europawahl Ende Mai.

Merkel äußerte sich nicht konkret zur Debatte über eine neue Steuer
auf den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), die Umweltministerin Svenja
Schulze (SPD) vorgeschlagen hatte. Es werde darum gehen, für die
Bereiche Verkehr, Wohnen und Landwirtschaft zu schauen, «welcher Mix
aus Ordnungsrecht und vielleicht auch marktwirtschaftlichen Methoden»
der richtige Weg sei, sagte die Kanzlerin.

Derzeit verpasst Deutschland sowohl nationale als auch verbindliche
europäische Klimaschutz-Ziele, es drohen hohe Kosten. Die
Umweltschutzorganisation Greenpeace protestierte mit Eisblöcken vor
dem Brandenburger Tor in Berlin gegen die Klimapolitik der
Bundesregierung. Die Eisklötze bildeten den Schriftzug «Last Exit»
(letzte Ausfahrt). Daneben standen Greenpeace-Demonstranten mit einem
Schild mit der Aufschrift: «Frau Merkel, Kohleausstieg kann erst der
Anfang sein.» Greenpeace erklärte: «Der Welt bleiben zehn Jahre, um
die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu begrenzen.»

Das wichtigste Treibhausgas CO2 entsteht vor allem durch die
Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, die Zementproduktion und andere
Industrieprozesse. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre liegt
inzwischen mehr als 45 Prozent höher als in vorindustrieller Zeit,
also vor 1750. Seitdem ist die Durchschnittstemperatur weltweit um
rund ein Grad gestiegen.

Dass Merkel auch das Speichern von CO2 als Weg zu
Treibhausgas-Neutralität erwähnte, löste bei Umweltschützern
Besorgnis aus. «Wir warnen ausdrücklich davor, gefährliche, teure und

unerprobte Technologien wie die Speicherung von CO2 unter der Erde
als Klimaschutz zu betrachten», sagte etwa BUND-Chef Hubert Weiger.

Umweltministerin Schulze sagte, über CO2-Speicherung müsste
gesprochen werden. Da der Kohleausstieg in Deutschland beschlossen
sei, gehe es nicht darum, Kraftwerke weiter laufen zu lassen, sondern
um die Industrie und andere Rest-Emissionen.