Europa-Parlamentarier Kuhn: Russisches Gas ist unverzichtbar

15.05.2019 13:09

Die Hälfte der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist verlegt. Der
EU-Parlamentarier Kuhn steht im Unterschied zu seinem
Fraktionskollegen Weber zu dem Projekt. Russisches Gas sei vorläufig
unverzichtbar.

Lubmin (dpa/mv) - Trotz der zunehmenden Erzeugung regenerativer
Energien kann Deutschland nach Ansicht des Europaabgeordneten Werner
Kuhn (CDU) nicht auf russisches Erdgas verzichten. Nach dem Ausstieg
aus der Atomkraft und der Kohle seien noch lange Gaskraftwerke nötig,
die bei Bedarf schnell zugeschaltet werden könnten, sagte Kuhn am
Mittwoch bei einem Besuch der Baustelle der Ostsee-Pipeline Nord
Stream 2 bei Lubmin (Vorpommern-Greifswald). Durch die Rohre parallel
zur Pipeline Nord Stream 1 sollen von Ende 2019 an jährlich bis zu 55
Milliarden Kubikmeter russisches Gas nach Deutschland kommen, das bei
Lubmin in das europäische Verbundnetz eingespeist wird.

Kuhn sagte: «Das hat auch eine politische Dimension.» Es sei wichtig,
mit der Russischen Föderation gute Handelsbeziehungen zu haben.
«Handel und Kooperation ist besser als Konfrontation.» Kuhn
widersprach dem Argument, Deutschland mache sich von Russland
abhängig. Russland brauche die Einnahmequelle ebenso dringend. Es sei
seit den 1970-er Jahren ein zuverlässiger Handelspartner Westeuropas.
Auch würden die Ukraine und Polen, die kein russisches Gas mehr
wollen, durch Nord Stream 2 nicht abgehängt. Es könne jederzeit Gas
aus Deutschland in die Netze eingespeist werden.

Der CSU-Politiker Manfred Weber, der angekündigt hatte, im Fall einer
Wahl zum EU-Kommissionschef Nord Stream 2 blockieren zu wollen, habe
seine Ansicht inzwischen ebenfalls gemäßgt, bemerkte Kuhn.

Die 1230 Kilometer lange neue Ostsee-Pipeline ist nach Angaben des
Unternehmenssprechers Steffen Ebert zur Hälfte verlegt. Insgesamt
seien in dem Doppelstrang bisher 1200 Kilometer Rohrleitungen
verlegt. Täglich kämen im Schnitt drei Kilometer dazu.

Noch nicht geklärt sei die Trassenführung um die dänische Insel
Bornholm. Seit Januar 2018 warte Nord Stream auf die Genehmigung der
Routenführung. Nachdem zwei Anträge eingereicht worden seien, habe
Dänemark im März um eine weitere Alternative südlich der Insel
gebeten, wohl wegen der geplanten Pipeline von Norwegen über Dänemark
nach Polen. Das Unternehmen sehe das als Verzögerungstaktik an und
sei gerichtlich dagegen vorgegangen, sagte Ebert. Parallel dazu sei
ein dritter Plan für die Routenführung eingereicht worden. Der
Zeitplan des gesamten Projektes sei noch zu halten.