Kampf um die EU-Kommissionsspitze - Kandidaten aus der zweiten Reihe

24.05.2019 04:51

Brüssel (dpa) - Manfred Weber (CSU) und der niederländische
Sozialdemokrat Frans Timmermans kämpfen als Spitzenkandidaten der
beiden größten Fraktionen im Europaparlament an vorderster Front um
die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Auch die
kleineren Parteien - Grüne, Linke und EU-kritische Konservative -
schicken Kandidaten ins Rennen. Bei den Liberalen ist es gar ein
siebenköpfiges Spitzenteam. Chancen auf den Kommissionschefposten
werden aber noch einer Reihe von Politikern nachgesagt, die ihre
Ambitionen eher verdeckt verfolgen. Am Ende reden in jedem Fall nicht
nur das EU-Parlament, sondern auch die Staats- und Regierungschefs
bei der Besetzung mit. Ein Überblick:

MARK RUTTE: In der Brüsseler Gerüchteküche werden dem rechtsliberalen

Regierungschef der Niederlande sowohl Chancen auf den
Kommissionschefsessel als auch auf die Nachfolge von EU-Ratspräsident
Donald Tusk nachgesagt. Er selbst dementierte bislang. Klar ist aber,
dass er kein Freund des Spitzenkandidatenprozesses ist, sondern sich
wie auch der französische Präsident Emmanuel Macron nicht an das
Prinzip gebunden fühlt, den Spitzenkandidaten der stärksten Gruppe im
Europaparlament automatisch zum Kommissionschef zu machen.

MICHEL BARNIER: Als EU-Chefunterhändler in Sachen Brexit machte der
konservative Franzose eine ordentliche Figur. In den Hauptstädten
gilt der frühere französische Außenminister und
EU-Binnenmarktkommissar nicht nur deshalb als bestens vernetzt,
zuletzt tourte er rege durch Europa. Sein Problem: Eigentlich hat
seine Parteienfamilie - die Europäische Volkspartei EVP - bereits
Weber zu ihrem Kandidaten ernannt. Chancen hätte er eher als
Kompromisskandidat, mit dem unter Umständen auch Macron leben könnte
- er hätte dann einen Landsmann an der Spitze der Brüsseler Behörde.


MARGRETHE VESTAGER: Die sozialliberale Dänin gilt vielen in Brüssel
als Geheimfavoritin auf den Kommissionschefposten. Als
EU-Wettbewerbskommissarin erwarb sie sich über Parteigrenzen hinweg
Anerkennung. Offiziell ist sie Teil des Spitzenteams der europäischen
Liberalen, die nach der Wahl mit Macron eine größere Gruppe im
Europaparlament stellen könnten. Ihre eigenen Ambitionen äußert
Vestager bislang aber nur verklausuliert. Ein weiteres Problem für
sie: In ihrem Heimatland genießt sie vergleichsweise wenig
Unterstützung, auch von Seiten der Regierung.

CHRISTINE LAGARDE: Die französische Chefin des Internationalen
Währungsfonds (IWF) kommt immer wieder ins Spiel, wenn es um die
Besetzung europäischer Spitzenposten geht. Beim britischen
Wettanbieter Ladbrokes verzeichnete sie wenige Tage vor der Wahl
hinter Weber, Barnier, Timmermans und Vestager die besten Quoten.
Auch hier könnte Frankreichs Präsident Macron wieder eine zentrale
Rolle spielen. Er lässt sich aber noch nicht vollends in die Karten
schauen.