Postenpoker in Brüssel: Fraktionen loten Schnittmengen aus

13.06.2019 12:20

Brüssel (dpa) - Im Machtkampf um EU-Spitzenposten haben die
Verhandlungen zwischen den vier proeuropäischen Fraktionen im
Europaparlament begonnen. In fünf Arbeitsgruppen loten rund 40
Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten,
der Liberalen und der Grünen in den kommenden Tagen inhaltliche
Gemeinsamkeiten aus. Bis zum kommenden Montag wollen sie zu
Ergebnissen kommen, über die dann bis zum EU-Gipfel am 20. und 21
Juni die Fraktionschefs verhandeln sollen.

Ergebnis könnte auch sein, dass das Parlament sich mehrheitlich auf
einen Kandidaten für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten einigt.

Damit würden die Abgeordneten die Staats- und Regierungschefs unter
Druck setzen, die eigentlich das Vorschlagsrecht für den Topjob haben
und bis zum Gipfel ein Personalpaket vorlegen wollen. Neben der
Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sind auch
andere EU-Posten zu besetzen.

Als Spitzenkandidat der stärksten Fraktion im Parlament erhebt
CSU-Vize Manfred Weber Anspruch auf die Juncker-Nachfolge. EVP und
Sozialdemokraten kommen jedoch erstmals nicht mehr auf eine
gemeinsame Mehrheit. Deshalb wollen sie mit Liberalen und Grünen eine
Art Koalitionsvereinbarung aushandeln. Sozialdemokraten und Liberale
haben allerdings eigene Bewerber für den Posten, die EU-Kommissare
Frans Timmermans und Margrethe Vestager. Im Europäischen Rat stellen
sich vor allem der französische Staatschef Emmanuel Macron und andere
Liberale gegen Weber.

Die Arbeitsgruppen im Parlament verhandeln in den kommenden Tagen
über Umwelt-Fragen, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Digitalisierung,
Rechtsstaatlichkeit und Europas Rolle in der Welt. «Solche
Verhandlungen sind für das Europäische Parlament ein Novum. Damit
zeigen wir als Abgeordnete auch gegenüber den Staats- und
Regierungschefs, dass wir nicht einfach einen Kommissionspräsidenten
oder -präsidentin abnicken werden», sagte Grünen-Verhandler Sven
Giegold der Deutschen Presse-Agentur.