Bericht: Russland wollte mit Fake News Europawahl beeinflussen

14.06.2019 16:12

Die ganz große Fake-News-Kampagne im Europawahlkampf ist bislang
nicht bekannt. Dennoch ist die Wahl nach Ansicht der EU-Kommission
nicht frei von Attacken gewesen. Doch es hat sich etwas geändert.

Brüssel (dpa) - Russland hat nach Einschätzung der EU-Kommission
versucht, die Europawahl mit andauernden Falschnachrichten statt groß
angelegter Kampagnen zu beeinflussen. «Es gab keinen «Big
Bang»-Moment», sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova am Freitag bei
der Veröffentlichung eines EU-Berichts zum Kampf gegen Fake News.
Vielmehr sei es ein steter Fluss an Falschinformationen gewesen.

«Die gesammelten Beweise haben gezeigt, dass russische Quellen
weiterhin Desinformation betreiben, um die Wahlbeteiligung zu dämpfen
und die Wählerpräferenzen zu beeinflussen», heißt es in dem Bericht
.
Ausreichende Hinweise für eine ganz konkret auf die Europawahl
ausgerichteten Kampagne gebe es jedoch bislang nicht.

Sicherheitskommissar Julian King betonte, der Ansatz habe sich
verändert: Anstelle großer Datenleaks sollten vor allem Fake Accounts

und Bots dafür sorgen, dass bereits vorhandene, umstrittene Inhalte
verbreitet werden. So solle ein Effekt auf lokaler Ebene erzielt und
die politische Debatte radikalisiert werden. «Innenpolitische Akteure
übernahmen die Taktik und die Narrative der russischen Quellen häufig
um die EU und ihre Werte anzugreifen», heißt es in dem Bericht.

Demnach wurden beispielsweise die demokratische Legitimität der EU
hinterfragt sowie kontroverse Debatten zum Thema Migration
aufgegriffen. Dieses Vorgehen sei deutlich schwieriger aufzuspüren
als groß angelegte Attacken.

Die EU-Kommission hatte vor der Europawahl Ende Mai immer wieder vor
gesteuerten Kampagnen vor allem aus Russland gewarnt. Deshalb
richtete sie mit den EU-Staaten unter anderem ein System zum besseren
Informationsaustausch ein. Zudem haben Facebook, Google und Twitter
einen freiwilligen Verhaltenskodex unterschrieben.

Die EU-Kommission betonte nun, derlei Bemühungen hätten dazu
beigetragen, die Auswirkungen von Fake News auf die Wahlen zu
begrenzen. Dennoch habe die zuständige Expertengruppe im
Auswärtigen Dienst der EU seit Januar knapp 1000 Fälle russischen
Ursprungs entdeckt - im gleichen Zeitraum 2018 seien es weniger als
die Hälfte gewesen. Allerdings wurde das Expertenteam im vergangenen
Jahr auch deutlich ausgebaut. Für eine abschließende Bewertung der
Auswirkungen dieser und anderer Fälle auf die Europawahl sei es noch
zu früh.

Zugleich erneuerte die Kommission ihre Appell an Facebook, Twitter
und Google, ihre Bemühungen im Kampf gegen Fake News auszubauen. Zwar
seien auch im Mai Fortschritte erzielt worden. Dennoch müsse vor
allem in Sachen Transparenz von Werbeanzeigen mehr getan werden. Auch
solle die Zusammenarbeit mit unabhängigen Faktencheckern ausgebaut
werden. Wissenschaftler müssten Zugang zu entscheidenden Daten
bekommen. King kritisierte zudem, dass Werbe-Verzeichnisse in
Deutschland zwar Anzeigen für das Online-Spiel «Dungeons and Dragons»

enthielten, viele Anzeigen der AfD jedoch nicht.