Ursula von der Leyens Pläne für Europa

16.07.2019 22:32

Von A wie Arbeitslosenversicherung bis Z wie zukunftsfähige
Wirtschaft: Ursula von der Leyen hat zu ihrer Wahl im Europaparlament
ihre Pläne für die EU vorgestellt. Ein Schlüsselwort ist
«Führungsrolle».

Brüssel/Straßburg (dpa) - Was wird Ursula von der Leyen tun, wenn sie
am 1. November als erste Frau an die Spitze der Brüsseler
EU-Kommission rückt? Zu ihrer Wahl im Europaparlament hat die
CDU-Politikerin konkrete politische Leitlinien veröffentlicht. Ein
Überblick:

«Ein europäischer Grüner Deal»

Ursula von der Leyen will Europa zum «ersten klimaneutralen
Kontinent» machen. Dazu will sie bis 2021 einen Plan vorlegen, der
bis 2030 eine Reduzierung der Treibhausgase um 55 Prozent ermöglicht.
Derzeit sind im Vergleich zu 1990 lediglich 40 Prozent geplant. Zudem
will sie vorschlagen, die Europäische Investitionsbank in die
«Klimabank Europas» umzuwandeln. Ein «Investitionsplan für ein
zukunftsfähiges Europa» soll in den nächsten zehn Jahren
Investitionen in Höhe von 1 Billion Euro unterstützen.

Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu verwirklichen, will von
der Leyen zudem das Emissionshandelssystem auf den Seeverkehr
ausweiten und auch den Straßenverkehr und den Bausektor einbeziehen.
Eine CO2-Grenzsteuer könnte verhindern, dass Unternehmen mit
Produktionsstandorten in weniger ambitionierten Staaten bevorzugt
werden.

«Eine Wirtschaft, deren Rechnung für die Menschen aufgeht»

Von der Leyen will innerhalb der ersten 100 Tage ihrer Amtszeit die
Grundlage dafür legen, dass jeder Arbeitnehmer in der EU künftig
einen gerechten Mindestlohn erhält. Zudem kündigt sie einen Vorschlag
für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung sowie die
Unterstützung einer EU-Garantie gegen Kinderarmut an. Ein
europäischen Plan zur Krebsbekämpfung soll die Mitgliedstaaten bei
der Verbesserung der Krebsbekämpfung und -behandlung unterstützen.

Für kleine und mittelständische Unternehmen will von der Leyen mit
einer KMU-Strategie den Verwaltungsaufwand verringern und ihnen den
Zugang zu neuen Märkten erleichtern. Zudem verspricht sie, für eine
weitere Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion zu stehen und
die Vollendung der Kapitalmarkt- und Bankenunion voranzutreiben.

Der Steuervermeidung von großen Technologiekonzernen sagt die
CDU-Politikerin den Kampf an. Wenn bis Ende 2020 noch keine globale
Lösung für eine gerechte digitale Steuer gefunden, solle die EU
alleine handeln, schreibt sie. Zudem werde sie werde sie Vorschläge
zur Verbesserung der Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt vorlegen.

Um eine «Union der Gleichheit» zu verwirklichen, will sich von der
Leyen für eine neue Gleichstellungsstrategie und verbindliche
Lohntransparenz einsetzen. «Frauen verdienen im Durchschnitt 16
Prozent weniger als Männer, obwohl sie höhere Qualifikationen
vorweisen können», schreibt sie. Auch für Quoten für eine ausgewoge
ne
Vertretung von Frauen und Männern in Leitungsorganen wolle sie sich
einsetzen.

«Ein Europa, das für das digitale Zeitalter gerüstet ist»

Ursula von der Leyen will zügig ein Konzept für den Umgang mit
künstlicher Intelligenz vorschlagen. Um sich besser gegen Gefahren
der Netzwelt zu wappnen, soll nach Vorstellungen der Deutschen eine
«gemeinsame Cyber-Unit» geschaffen werden. Zudem will sie sich für
gemeinsame Normen für neue Technologien einsetzen.

«Schützen, was Europa ausmacht»

Von der Leyen will einen ergänzenden Mechanismus zur Wahrung der
Rechtsstaatlichkeit in der EU unterstützen, der unionsweit greift und
eine jährliche objektive Berichterstattung durch die Europäische
Kommission vorsieht. Zudem unterstützt sie den Vorschlag, die Vergabe
von EU-Mitteln künftig an die Einhaltung von Rechtsstaatsstandards zu
knüpfen. In der Flüchtlingspolitik wirbt sie für «starke Grenzen un
d
ein Neuanfang in der Migrationspolitik».

Von der Leyen will die aktuelle Blockade mit einem neuen Migrations-
und Asylpakt lösen. Die geplante Aufstockung der EU-Grenzschutztruppe
auf 10 000 Grenzschützer muss ihrer Meinung nach bis 2024 erfolgen
und nicht wie derzeit geplant erst 2027 abgeschlossen werden.

«Ein stärkeres Europa in der Welt»

Von der Leyen will eine globale Führungsrolle für EU und dazu
energisch auf eine echte europäische Verteidigungsunion hinarbeiten.
Sie unterstützt den Start der EU-Beitrittsverhandlungen mit
Nordmazedonien und Albanien. Zum Brexit schreibt sie: «Ich bin
bereit, das Austrittsdatum erneut zu verschieben, sollte aus einem
berechtigten Grund mehr Zeit erforderlich sein.»

«Neuer Schwung für die Demokratie in Europa»

Um die Mitwirkung und Demokratie zu stärken, will von der Leyen, dass
die Bürgerinnen und Bürger bei einer Konferenz zur Zukunft Europas zu
Wort kommen. Sie soll 2020 beginnen und zwei Jahre laufen. Zudem
sichert sie dem Europaparlament eine stärkere Mitwirkung zu. Es soll
künftig mit Entschließungsanträgen Gesetzesinitiativen anstoßen
können. Im Rat der Mitgliedstaaten möchte von der Leyen weg von der
Einstimmigkeit in der Klima-, Energie-, Sozial- und Steuerpolitik.
Darüber hinaus stellt sie sich hinter das Spitzenkandidatensystem für
die Europawahl.