Anti-Brexit-Demo in London: Riesen-Puppe verspottet Johnson

20.07.2019 17:03

«Baby Blimp» - so heißt eine aufblasbare Puppe, mit der Demonstranten

gegen den wahrscheinlichen Nachfolger von Theresa May protestieren.
Am kommenden Dienstag wird der Name des neuen Premiers verkündet.

London (dpa) - Mit einer riesigen Boris-Johnson-Puppe am Himmel haben
Demonstranten in London gegen den voraussichtlich neuen britischen
Premierminister protestiert. Unter dem Motto «Nein zu Boris, Ja zu
Europa» zogen sie am Samstag durch die Innenstadt.

Der Protestzug wurde von «March for Change» organisiert, einem
Zusammenschluss EU-freundlicher Gruppen. Die Puppe «sieht vielleicht
ein bisschen nach unbeschwertem Spaß aus, aber sie hat eine
ernsthafte Botschaft», sagte Tom Brufatto, einer der Organisatoren.

Die aufblasbare Boris-Puppe namens «Baby Blimp» erinnert an «Baby
Trump», eine riesige Figur am Himmel, die den US-Präsidenten Donald
Trump während seines Besuchs in London im vergangenen Monat
verspottete. In Großbritannien wird mit dem Wort «Blimp» sowohl ein
Luftschiff als auch ein selbstgefälliger Erzkonservativer bezeichnet.

Die Boris-Puppe trägt ein T-Shirt mit einem roten Doppeldeckerbus und
dem Schriftzug «350 Millionen Pfund» darauf. Dies ist eine Anspielung
auf eine Kampagne, mit der Johnson Wähler beim Brexit-Referendum in
die Irre geführt haben soll. Er hatte damals behauptet, dass das
Vereinigte Königreich wöchentlich 350 Millionen Pfund (knapp 400
Millionen Euro) an die EU weiterleiten müsse. Dieses Geld könne
besser in den staatlichen Gesundheitsdienst NHS investiert werden.
Was Johnson jedoch verschwieg: Großbritannien erhält einen
erheblichen Teil seiner Beiträge zurück, etwa für die Landwirtschaft.


Am kommenden Dienstag gibt die Konservative Partei bekannt, wer der
Nachfolger der scheidenden Premierministerin Theresa May wird.
Haushoher Favorit ist Johnson, dem viele zutrauen, enttäuschte
Brexit-Wähler wieder ins Boot zu holen. Seinem Konkurrenten
Außenminister Jeremy Hunt, werden kaum Chancen eingeräumt. Bereits am
Mittwoch soll der neue Premierminister dann May ablösen.

Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union
führen - «komme, was wolle». Er droht Brüssel auch mit einem
ungeordneten Austritt. Das hätte jedoch große negative Folgen für die

Wirtschaft und zahlreiche andere Lebensbereiche.

In Großbritannien wird mit Ministerrücktritten zu Wochenbeginn und
Neubesetzungen etlicher Posten im Kabinett nach Bekanntgabe des
Siegers gerechnet. Im Gespräch mit Johnson soll auch der frühere
Brexit-Minister David Davis sein, wie der «Telegraph» am Samstag
schrieb. Er war aus Protest gegen den Brexit-Kurs von May von seinem
Posten zurückgetreten; Kritiker hielten ihn für faul und inkompetent.
Davis könnte laut «Telegraph» Finanz- oder Außenminister werden.


Unruhe gibt es auch in der Labour-Opposition,die heillos zerstritten
ist. Parteichef Jeremy Corbyn wird die Vorwürfe nicht los, er tue
nicht genug gegen Antisemitismus in den eigenen Reihen. Im Oberhaus
droht ihm sogar eine Meuterei. Die Lords dürften am Montag bei einer
Sondersitzung der Fraktion darüber entscheiden, ob ein
Misstrauensantrag zur Abstimmung gebracht werden soll. Ein Votum
gegen den Alt-Linken Corbyn hätte zwar nur symbolische Bedeutung,
würde seinem Ansehen aber erheblich schaden.