Hängepartie im Mittelmeer - Hollywoodstar besucht Schiff «Open Arms»

09.08.2019 17:58

Der Streit um das Rettungsschiff «Open Arms» im Mittelmeer folgt
einem aus anderen Fällen bekannten Plot: Während aus Seenot Gerettete
im Mittelmeer an Bord ausharren, streiten die EU-Staaten über ihre
Aufnahme. Schauspieler Richard Gere will das nicht hinnehmen.

Rom/Brüssel (dpa) - Seit mehr als einer Woche harren 121 Menschen auf
dem blockierten Rettungsschiff «Open Arms» im Mittelmeer aus - in
ihrem Hoffen auf einen sicheren Hafen haben sie nun Unterstützung vom
Hollywoodstar Richard Gere bekommen. Am Freitag besuchte der
69-Jährige das Schiff, das sich unweit der italienischen Insel
Lampedusa befindet.

Nach Angaben von Amnesty International sind auch 30 Kinder und zwei
Babys an Bord. «Bitte unterstützt uns hier bei Open Arms und helft
diesen Menschen», sagte er in einem kurzen Video, das die
spanische Hilfsorganisation Proactiva Open Arms am Freitag bei
Twitter veröffentlichte.

Auf Fotos war Gere dabei zu sehen, wie er Lebensmittel an Bord des
Rettungsschiffs trug. Die Hilfsorganisation schrieb dazu: «Endlich
ein paar gute Nachrichten. Lebensmittel kommen bei der «Open Arms» an
und wir haben einen außergewöhnlichen Crewkollegen.»

Italien und Malta verweigern Rettungsschiffen immer wieder die
Einfahrt in ihre Häfen und dringen darauf, dass andere EU-Staaten
zuvor zusichern, alle Migranten an Bord der Schiffe zu übernehmen -
so auch im Fall der «Open Arms». Auf einen festen Mechanismus zur
Verteilung aus Seenot Geretteter konnte sich die Staatengemeinschaft
bislang nicht einigen.

Zuletzt hatte in solchen Fällen die EU-Kommission vermittelt, um
aufnahmebereite Länder zu finden. Voraussetzung für eine
Koordinierung durch die EU-Kommission ist jedoch, dass ein EU-Staat
die Kommission darum bittet, zu deren Aufgaben dies eigentlich nicht
gehört. Bislang habe kein Land die Brüsseler Behörde dazu aufgerufen,

sagte eine Sprecherin am Freitag.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte auf Anfrage, die
Bundesregierung habe sich unter Federführung des Innenministeriums
bislang zur Übernahme von mehr als 300 Geretteten bereit erklärt.
«Auch im Fall der Migranten auf der «Open Arms» gilt: Die
Bundesregierung wird sich, sollte sie um Unterstützung gebeten
werden, einer Lösung nicht verschließen.» Voraussetzung seien jedoch

eine «möglichst breite Beteiligung der EU-Mitgliedstaaten und die
Übernahme der Koordinierung durch die Europäische Kommission». Auch
Deutschland hat die Kommission jedoch nach Angaben eines Sprechers
bislang darum nicht gebeten.

Der Präsident des Europaparlaments, David Maria Sassoli, hatte zuvor
in einem Brief an Kommissionschef Jean-Claude Juncker auf die
Solidarität der EU-Staaten gedrungen. Die Lage erfordere
unverzügliches Handeln, schrieb Sassoli. Die Kommission kündigte eine

Antwort innerhalb der kommenden Tage an. Italiens Innenminister
Matteo Salvini teilte mit, sein Ministerium habe der spanischen
Regierung geschrieben, sie solle die Migranten von der «Open Arms»
aufnehmen.

Unterdessen wurden am Freitag weitere Flüchtlinge vor und an den
EU-Außengrenzen aus Seenot gerettet. Ein spanisches Rettungsschiff
barg vor der Küste der Kanaren-Insel Gran Canaria 30 afrikanische
Bootsmigranten, wie die Nachrichtenagentur Europa Press unter
Berufung auf die Polizei berichtete. Darunter seien 14 Frauen, zehn
Männer und sechs Minderjährige inklusive Babys. Sie seien zum Hafen
von Arguineguín im Südwesten der Insel gebracht worden. Dort sollten
sie nach einer ersten medizinischen Betreuung registriert werden.

Auch aus dem Ärmelkanal wurden 30 Migranten aus vier kleinen Booten
gerettet, wie das britische Innenministerium in London mitteilte.
Darunter war ein Kajak. Die aus Frankreich kommenden Migranten gaben
an, aus dem Iran und Afghanistan zu stammen. Sie wurden in die
südenglische Hafenstadt Dover gebracht.

Vor der libyschen Küste nahm die unter norwegischer Flagge fahrende
«Ocean Viking» - das neue Rettungsschiff der Hilfsorganisationen
SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen - erstmals Bootsflüchtlin
ge
im Mittelmeer auf. Sie war am Sonntagabend von Marseille aus in See
gestochen. Unklar war, wohin die Geretteten gebracht werden sollten.

Salvini erklärte, die «Ocean Viking» dürfe keine italienischen H
äfen
anlaufen. Er sprach von 80 Migranten an Bord. Ärzte ohne Grenzen
teilte mit, es handele sich um 85 Menschen, darunter vier Kinder, die
aus einem Schlauchboot gerettet worden seien.