Unterhaus fordert Herausgabe von Dokumenten zu Brexit und Zwangspause

09.09.2019 20:52

Interne Dokumente bis hin zu Emails und Whatsapp-Nachrichten von
Regierungsabgeordneten wollen die Abgeordneten sehen. Es geht darum,
ob die Regierung die Zwangspause des Parlaments taktisch eingesetzt
hat und die Konsequenzen eines No-Deal-Brexits herunterspielt.

London (dpa) - Das britische Unterhaus hat die Regierung am Montag
zur Herausgabe von Dokumenten über die Planungen für einen
EU-Austritt ohne Abkommen und die Zwangspause des Parlaments
aufgefordert. Ein entsprechender Beschluss wurde am Abend mit 311 zu
302 Stimmen angenommen.

Kritiker werfen Premierminister Boris Johnson vor, die
Parlamentspause taktisch eingesetzt zu haben, um die
Handlungsfähigkeit der Abgeordneten vor dem geplanten EU-Austritt am
31. Oktober einzuschränken. Nun wollen sie die Kommunikation von
Regierungsmitarbeitern im Vorfeld der Entscheidung sehen, bis hin zu
privaten Emails und Nachrichten aus Whatsapp und ähnlichen
Kurznachrichtendiensten.

Auch die Planungen für einen Brexit ohne Abkommen in der sogenannten
«Operation Yellowhammer» sollen nach dem Willen der Parlamentarier
bis zum 11. September offengelegt werden. Der Beschluss kam in
letzter Minute, denn noch am Montagabend soll die Zwangspause
beginnen. Berichten zufolge will die Regierung der Forderung nicht
nachkommen. Es war aber zunächst unklar, welche Zwangsmittel die
Abgeordneten haben, um ihre Forderung durchzusetzen. Das Parlament
soll erst am 14. Oktober wieder zusammentreten.

Johnson wollte noch am Montag über eine Neuwahl am 15. Oktober
abstimmen lassen, um ein Mandat für seinen harten Brexit-Kurs zu
bekommen. Doch die Opposition hat bereits klar gemacht, dass sie das
nicht zulassen wird. Für eine Neuwahl ist die Zustimmung von zwei
Dritteln aller Abgeordneten nötig. Johnson war damit bei einem ersten
Versuch am Mittwoch bereits gescheitert.

Ein am vergangenen Freitag verabschiedetes Gesetz sieht vor, dass die
Regierung eine Verlängerung der Brexit-Frist beantragen muss, wenn
bis zum 19. Oktober kein Abkommen ratifiziert ist. Es sollte noch am
Montag mit der Billigung der Queen in Kraft treten. Bei einem No Deal
drohen schwere Schäden für die Wirtschaft und andere Lebensbereiche.